Der Dect 302 im Einsatz. Gadsen-Pfote zum Größenvergleich.

Foto: STANDARD/Zellinger

Dank smarter Lösungen soll man Heizkosten sparen können, und auch wenn Experten nur eher geringe Einsparungen vorhersagen, doch versprechen die Hersteller solcher digitaler Thermostate genau das Gegenteil. Kann es sich sich bei den aktuell explodierenden Preisen also auszahlen, das alte Thermostat oder die Heizungssteuerung auszutauschen? Wir versuchen, das im Langzeittest herauszufinden, aber zuerst steht die Installation an – denn nicht jeder ist zum Heizungsmonteur berufen. Daher die wichtigste Frage: Können auch Laien einen neuen Thermostat montieren?

Die Frage der Datenspione

Doch zu Beginn noch ein Wort zu Smart-Home-Lösungen und dem Datenschutz: Die mehr oder weniger intelligenten Helferlein sind unbestritten praktisch, das Licht schaltet sich automatisch ab, sobald man das Haus verlässt, die Waschmaschine schickt eine Pushnachricht, wenn sie fertig ist, und die smarte Kamera überträgt ein Video, sobald sich eine Person der Haustüre nähert.

Die meisten Smart-Home-Produkte kommen aber mit dem unguten Gefühl beim Kunden an, sich einen kleinen Spion ins Haus zu setzen. Nicht so bei den Produkten von AVM, wie der Hersteller gerne und oft betont. Nur Diagnosedaten werden mit der Firmenzentrale geteilt, und diese kann man sich auf Wunsch in einem Textfile herunterladen – oder ganz abstellen. Der Hersteller AVM dürfte landläufig eher für seine Router unter der Marke Fritzbox bekannt sein, doch hat das Unternehmen aus Berlin eine ganze Reihe von Smart-Home-Produkten – von der Glühbirne bis zur Steckdose – im Sortiment und ist damit nun auch in Österreich auf dem Markt.

Das Kernstück: der Fritzdect 302.
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Was ist DECT?

Anders als bei den meisten Konkurrenzprodukten kommt aber nicht das hauseigene WLAN zum Einsatz, sondern Digital Enhanced Cordless Telecommunications, oder kurz DECT, ein verschlüsselter Funkstandard, der hauptsächlich bei Schnurlostelefonen verwendet wird. DECT verwendet eine Frequenz von 1,9 Gigahertz und liegt damit außerhalb der Range von WLAN, das im 2,4-GHz- oder 5-GHz-Band operiert.

Durch die niedrigere Frequenz soll die Verbindung stabiler, die Latenz geringer und die Reichweite höher sein. Bis zu 300 Meter Reichweite soll eine DECT-Basisstation abdecken können – ein Wert, der wohl auf Feld, Flur und Wiese spielend erreicht wird, während in bebautem Gebiet eher 30 bis 50 Meter abgedeckt werden müssen.

Diese Vorteile erkauft sich der DECT-Standard mit einer niedrigen Bandbreite von maximal 1.152 kbit/s. Das mag nach nicht viel klingen, aber für die meist recht simplen Smart-Home-Befehle zum Einschalten einer Lampe oder in diesem Fall zur Änderung der Raumtemperatur werden auch keine riesigen Datenpakete durch den Äther gejagt. In den Smart-Home-Produkten von AVM kommt DECT Ultra Low Energy (ULE) zum Einsatz, das auf besondere Energieeffizienz optimiert wurde. Neben anderen setzen auch die Unternehmen Gigaset und Panasonic auf diesen Standard.

Der Taster Fritzdect 440.
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Box, Taster und Thermostat

Doch nun zum Hands-on: Voraussetzung ist, dass eine Fritzbox jüngeren Baujahres im Heimnetz zu Werke geht. In unserem Fall verwenden wir die Fritzbox 4060, die wir mit einer Sicherung einer reichlich angegrauten Fritzbox 4040 neu einrichten, was erfreulich einfach ist.

Herzstück des Vorstoßes in die smarte und hoffentlich kuschelig warme Welt der smarten Heizsysteme ist einmal der Taster Fritzdect 440. Hier können wir die Raumtemperatur in Schritten zu einem halben Grad Celsius ändern und gleichzeitig die Luftfeuchtigkeit überwachen. Die Verarbeitung der Befehle übernimmt aber die Fritzbox, der Fritzdect 440 kommuniziert nicht direkt mit der Heizung. Das hat wiederum den Vorteil, dass man den Taster eigentlich nicht braucht, denn die Steuerung kann genau so gut über die Oberfläche der Fritzbox selbst erfolgen. Warum die 60 Euro für den Taster dennoch eine gute Investition sein können, klären wir im Fazit.

Kaum Geschick erforderlich

Kernstück oder besser -stücke sind die smarten Heizkörperthermostate Fritzdect 302. Diese werden statt der herkömmlichen Thermostate auf die Heizkörper geschraubt und übernehmen ab sofort die Temperaturregulierung. Der Fritzdect 302 misst 93 x 52 x 51 Millimeter und kann auf ein Standardventil M30x1,5 geschraubt werden. Ein Adapter für das Ventil Danfoss RA liegt bei. Doch braucht man für die Montage einen Meisterbrief von der Installateur-Innung? Nein, mit nur minimalem handwerklichem Geschick lassen sich die Heizkörperthermostate montieren.

Rohrzange oder Schraubenzieher: Die Ansprüche an die Ausstattung des heimischen Werkzeugkastens sind überschaubar.
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Die Installation: Es kann kein Wasser austreten

Dennoch macht sich ein mulmiges Gefühlt breit, schließlich läuft die Heizung schon, und die Sorge, sich mit heißem Heizkörperwasser zu verbrühen, ist dann doch respekteinflößend – aber, wie sich herausstellt, völlig unbegründet. Denn beim Wechsel des Thermostats kann kein Wasser austreten. Nötig sind eine Rohrzange, um die Manschette des Standardventils M30x1,5 zu lösen, oder ein handelsüblicher Kreuzschlitzschraubenzieher (PH2) im Fall des Danfoss RA – so wie im Test-Schlafzimmer.

Zuerst dreht man den Heizkörperthermostat voll auf, damit das Ventil entlastet wird. Danach legt man ein Tuch zum Schutz vor Kratzern um die Manschette und löst diese mit der Rohrzange, bis man sie per Hand drehen kann. Am besten trägt man dabei Arbeitshandschuhe, denn die Manschette kann ziemlich heiß sein. Anschließend wird der smarte Heizkörperthermostat mit der angebrachten Überwurfmanschette handzahm angezogen.

Im Fall eines Danfoss-Systems ist die Demontage des alten Thermostats sogar noch einfacher: Wieder wird der Thermostat voll aufgedreht, anschließend der innere Ring hineingedrückt, nun kann man den alten Regler abziehen.

Die Manschette wirkt ein wenig wackelig, hält aber. Rechts ist der Übertragungsstift zu sehen.
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Um den Fritzdect montieren zu können, muss aber eine beiliegende Kunststoffmanschette übergestülpt und mit der beiliegenden Mutter und Schraube festgezogen werden. Das wirkt auf den ersten Blick etwas wackelig und nicht besonders stabil, der Dect 302 hatte aber keine Einwände gegen diese Montageart. Das Gerät überprüft nämlich selbstständig, ob der Ventilhub stimmt.

Keine mechanischen Wunderwerke

Rein mechanisch gesehen sind smarte Heizkörperthermostate auch nicht sonderlich komplex: Durch einen kleinen Elektromotor wird ein Bolzen ein- und ausgefahren, der den Übertragungsstift des Ventils je nach Temperatur hineindrückt und damit schließt oder weiter heraus lässt, was das Ventil öffnet – der Heizkörper wird wärmer.

Sicherheitshalber kann man bei der Gelegenheit die Gängigkeit des Stiftes überprüfen, indem man mit der flachen Seite der Rohrzange sanft dagegendrückt. Springt der Übertragungsstift nicht von selbst wieder hervor, muss ein Fachmann her.

Kopplung und Funktionen

In unserem Fall klappte die Installation gleich, sobald am smarten Regler eine Temperatur angezeigt wird, ist alles in Ordnung. Gekoppelt wird der Thermostat mit einem Knopfdruck auf der Fritzbox, was einen zweiten Anlauf erforderte, aber seitdem funktioniert er problemlos. Der Fritzdect 302 misst daraufhin selbstständig die Temperatur und passt sie gemäß der vom Nutzer definierten Absenkautomatik an.

Auf Knopfdruck lässt sich der Raum auch sofort aufheizen oder in den Frostwächter-Modus wechseln, wenn man etwa auf Urlaub fährt. Außerdem kann man die Temperatur manuell per Plus-Minus-Tasten einstellen. Dabei macht sich das schlichte E-Ink-Display positiv bemerkbar, denn durch den hohen Kontrast ist dieses auch in der dezenteren Beleuchtung des Schlafzimmers gut erkennbar und sollte auch nicht zu sehr auf die Energiereserven der drei mitgelieferten AA-Batterien schlagen.

Die Smart-Home-App von AVM orientiert sich, im Gegensatz zur Oberfläche der Fritzbox, an gängigen Design-Standards.
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Per Druck auf die Menütaste wird der Temperaturverlauf und die Tabelle mit den voreingestellten Zeiten der Absenktemperatur angezeigt. Das ist auf dem 30 x 30 mm großen Display eher nur für die mit Adleraugen gesegneten Nutzerinnen und Nutzer wirklich praktikabel.

Die Smart-Home-Steuerung im Router

Wie bei AVM-Produkten üblich, findet die Steuerung in der UI der Fritzbox selbst statt. Hierzu bemüht man die Smart-Home-Unterkategorie, die alles bietet, was man von modernen Steuerzentralen erwartet. Geräte werden umbenannt, gruppiert und eingestellt, das Display des Dect 440 kann man anpassen, Vorlagen erstellen, die Temperatur regeln und auf Wunsch alle Geräte in den Urlaubsmodus schicken.

Der Fritzdect 440 zeigt Temperatur und Luftfeuchtigkeit, man kann mit ihm aber auch die Heizkörperthermostate bedienen.
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Die Oberfläche ist für AVM typisch nüchtern und schnörkellos, dürfte aber für unerfahrene Nutzer ein wenig zu sperrig sein. Oft ist nicht ganz klar, hinter welchem Karteireiter in welchem Untermenü sich die gesuchte Funktion befindet.

Außerdem dürften unerfahrene Nutzer ein gewisses Unwohlsein empfinden, wenn sie ihre Wohnzimmertemperatur neben ihren sensiblen Netzwerkeinstellungen regeln – aber das mag Erfahrungs- und Geschmackssache sein. Die dazugehörige Smartphone-App dürfte da schon eher massentauglicher sein, muss aber erst für die Nutzung von unterwegs konfiguriert werden.

Erster Testeindruck

Der Fritzdect 302 heizt das Test-Schlafzimmer zwischen 21.30 Uhr und 23 Uhr auf 19 Grad, damit der Tester nach einem anstrengenden Tag der Smart-Home-Installation beim Zubettgehen nicht friert. Auch beim Aufstehen zwischen 6 und 8 Uhr wird die Raumtemperatur noch einmal erhöht. Dazwischen senkt der Fritzdect 302 die Raumtemperatur auf 16,5 Grad ab. Das mag recht kühl klingen, aber mit zwei Personen in einem relativ kleinen Schlafzimmer fiel die Temperatur in der Nacht trotz Absenkung nie unter 18 Grad.

Tagsüber herrschen im Schlafzimmer die eingestellten 16,5 Grad, aber da ist der Raum ohnehin ungenutzt. Öffnen wir während der Heizzeiten das Fenster, erkennt das System den Temperaturabfall und dreht die Heizung ab. Praktisch, auf diese Weise kann man beim Lüften nicht mehr vergessen, die Heizkörper abzuschalten.

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Ein besonders praktisches Feature, vor allem für Bewohner notorisch klammer Altbauten im Waldviertel, ist das sogenannte Temperatur-Offset. Da die Lufttemperatur genau neben dem Heizkörper gemessen wird, könnte diese höher liegen, als sie tatsächlich in der Mitte des Raumes ist. Mit der Offset-Temperatur lässt sich diese Differenz beheben. Wenn es also auf der Couch ständig kalt ist, während die Heizkörper aber kuschelige 21 Grad anzeigen, dann lohnt es sich, selbst die Temperatur zu messen und die Abweichung einzugeben. Auf Wunsch kann diese Aufgabe auch an den Fritzdect-440-Taster delegiert werden. Ansonsten muss man eben manuell mit einem herkömmlichen Zimmerthermometer zur Tat schreiten.

Eine kurze Schrecksekunde hatten wir an einem Freitag, als der Dect 302 wie wild begonnen hat, am Ventil zu drehen. Eine kurze Recherche gibt aber Entwarnung: Immer freitags gegen 11 Uhr beginnt die Kalkschutzautomatik zu arbeiten. Dabei wird das Ventil einmal vollständig geöffnet und geschlossen und anschließend in die ursprüngliche Position zurückgesetzt. Diese Funktion ist nicht einstellbar, sondern wird immer durchgeführt, auch wenn die Heizung ausgeschaltet ist.

Auf eigene Gefahr: Fritzdect mit Alexa und Google Assistant

Wer seinen Fritzdect dennoch unbedingt mit Alexa und Google Assistant benutzen möchte, für den gibt es einen Workaround. Die Lösung stammt von einem Drittanbieter und wird nicht von AVM unterstützt, alles Folgende läuft unter dem Label "auf eigene Gefahr".

Nötig ist dafür ein Amazon-Konto. Zuerst muss der Fernzugriff auf die Fritzbox aktiviert werden. Dafür muss man den Internetzugriff auf die Fritzbox erlauben. Das ist unter dem Menüpunkt "Internet – Myfritz-Konto" möglich. Dort setzt man bei "Myfritz für diese Fritzbox aktiv" einen Haken und gibt eine E-Mail-Adresse an. Anschließend muss man im Abschnitt "Fritzbox-Internetzugriff" den Punkt "Internetzugriff auf die Fritzbox über HTTPS" aktivieren.

So sollte die Benutzeroberfläche konfiguriert sein, will man Sprachassistenten nutzen.
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Weiters muss man einen neuen Benutzer in der Fritzbox anlegen – in unserem Beispielfall also entweder Google oder Alexa. Diesen Punkt findet man unter "System – Fritzbox-Benutzer", wo man anschließend auf den Button "Benutzer hinzufügen" klickt.

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Damit gelangt man ins Menü zum Anlegen eines neuen Benutzers. Hier setzt man den Haken bei "Benutzerkonto aktiv", vergibt einen Namen und ein Passwort. Anschließend muss man die Haken bei "Zugang auch aus dem Internet erlaubt" sowie unter "Berechtigungen" den Punkt "Smart Home" anhaken.

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Jetzt muss man diese Einstellungen mit Amazons Alexa und dem Google Assistant verknüpfen. Das kann man auf dieser Website tun, indem man sich dort mit seinem Amazon-Konto anmeldet und die Zugangsdaten des wie oben beschrieben angelegten Benutzers eingibt. Anschließend müssen noch die Action für den Google Assistant oder der Alexa-Skill namens FB Smart Home aktiviert werden. Hat man das geschafft, kann man die Smart-Home-Produkte von AVM auch per Sprachbefehl steuern.

Fazit: Der wahrscheinlich beste smarte Thermostat für Nerds

Der erste Eindruck ist durchaus positiv: Die Installation ist kinderleicht, obwohl ich anfangs wirklich besorgt war, ich könnte meine Heizung nachhaltig beschädigen und würde als durchgekochter Redakteurs-Tafelspitz enden. Beides war nicht der Fall, selbst handwerklich völlig Unbegabte sollten die Installation hinbekommen. Auch die Kopplung und Einrichtung erwies sich als Kinderspiel, und die DECT-Verbindung arbeitet bisher ohne Unterbrechungen zuverlässig.

Ein Tipp: Wer mehrere Heizkörperthermostate benutzt, der sollte sich auch mindestens einen Taster Fritzdect 440 gönnen, denn ansonsten muss man jedes Mal in die etwas sperrige Nutzeroberfläche der Fritzbox einsteigen, die App bemühen oder die Temperatur manuell auf jedem Thermostat einstellen – was den Zweck dieser Smart-Home-Lösung dann zum Teil zunichtemacht.

Das größte Manko dürfte aber für viele die bereits erwähnte Nutzeroberfläche sein: Anders als viele Smart-Home-Apps ist diese zu verschachtelt, um für den Laien noch praktikabel zu sein. Auch im Test musste ich die Hilfeseiten von Hersteller AVM öfter konsultieren, als mir persönlich lieb ist. Diese sind zwar wirklich gut gestaltet, ein nutzerfreundliches Interface zeichnet sich aber eben dadurch aus, dass man keine Hilfe braucht. Aber das ist eine Kritik, die man an der ganzen Branche üben kann.

Der Temperaturverlauf der letzten 24 Stunden.
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Das schlichte, nüchterne und sehr technisch anmutende Design mag unter Nerds und Tech-Journalisten seine Anhänger haben, alle anderen dürften den Komfort gängiger Lösungen vermissen. Abhilfe schafft da die App, die sich eher an den UI-Konventionen großer Anbieter orientiert, aber auch erst einmal für die Nutzung unterwegs konfiguriert werden muss. Kurz: Wer nach einer Smart-Home-Lösung sucht, die man ohne Umwege in Apps wie Alexa oder Google oder Apple Home integrieren kann, wird mit dem Fritzdect 302 wahrscheinlich nicht restlos glücklich.

Den Preis der Komplettlösung darf man zudem als happig bezeichnen: Die Ausstattung von acht Heizkörpern um 480 Euro, zwei Tastern um 120 Euro sowie einer Fritzbox um 230 Euro reißt in Summe ein 830 Euro großes Loch in die Geldbörse.

Aber: Zum stolzen Preis bekommt man einen smarten Thermostaten, der seine Besitzer nicht ausspioniert, keine Funktionen hinter einem fragwürdigen Abomodell versteckt und einfach genau das tut, was er soll. Er ist im Prinzip wie die Designsprache des Fritzbox-Menüs: Nüchtern, schnörkellos, ein No-Nonsense-Arbeitstier, aber sicher nicht für jeden Anwender. (Peter Zellinger, 20.11.2022)