Franziska Giffey (SPD) ist seit 2021 Bürgermeisterin.

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Stephan Bröchler, der Berliner Landeswahlleiter, weiß, dass kein leichter Job auf ihn und sein Team wartet. Doch er zeigte sich am Mittwoch optimistisch: "Wir bereiten uns gut vor. Wir sind motiviert. Wir haben Papier bestellt. Wir haben dafür gesorgt, dass richtige Stimmzettel geordert werden. Dass die Sortierung funktionieren wird."

Bei der nächsten Berliner Landtagswahl soll alles klappen. Diese wird nicht, wie geplant, im Jahr 2026 stattfinden, sondern schon am 12. Februar 2023. Denn der Berliner Verfassungsgerichtshof hat eine komplette Wiederholung jenes Urnengangs angeordnet, der als "Pleiten, Pech und Pannen"-Wahl in die Historie eingegangen ist.

Es ist das erste Mal in der Geschichte Deutschlands, dass so etwas geschieht. Die beanstandete Wahl fand am 26. September 2021 statt. Und in der Tat war an diesem Sonntag in der deutschen Hauptstadt viel los. Es fand der traditionelle Marathon statt, weshalb manches Wahllokal nicht so einfach zu erreichen war.

Dort selbst gab es einiges zu wählen: Bundestag, Landtag, Bezirksverordnetenversammlung. Und der Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen stand auch auf dem Programm.

Lange Schlangen

Das sorgte für Überforderung in vielen Wahllokalen. Es bildeten sich lange Schlangen, eine große Anzahl von Stimmen wurde erst nach dem offiziellen Wahlschluss 18 Uhr abgegeben – wenn überhaupt genug Stimmzettel vorhanden waren.

Das Gericht wertete 2.256 Protokolle aus sämtlichen Berliner Wahllokalen aus, ebenso die Daten der Landeswahlleitung und die Schriftsätze von mehr als 3000 Verfahrensbeteiligten. Dabei entdeckte es "schwere systemische Mängel" schon bei der Vorbereitung der Wahl 2021 sowie eine "Vielzahl schwerer Wahlfehler", wie es Präsidentin Ludgera Selting formulierte.

Ihre Begründung, warum gleich in der ganzen Stadt noch einmal gewählt werden muss: "Eine nur punktuelle Wahlwiederholung in einzelnen Wahlkreisen wäre angesichts der Vielzahl und Schwere der Wahlfehler nicht geeignet, einen verfassungsgemäßen Zustand herzustellen." Der Grundsatz der Allgemeinheit, Gleichheit und Freiheit sei bei der Wahl verletzt worden.

Wiederholung innerhalb von 90 Tagen

90 Tage hat Berlin nun Zeit, um eine Wiederholung zu organisieren, der Senat und der Wahlleiter planen bereits mit dem 12. Februar 2023. Es wird keine Neuwahl sein, sondern eine Wahlwiederholung. Das bedeutet, dass dieselben Kandidatinnen und Kandidaten antreten wie schon am 26. September 2021.

Zittern muss Bürgermeisterin Franziska Giffey. Die Sozialdemokratin hat das Amt erst im Vorjahr von Michael Müller (SPD) übernommen, der Berlin von 2014 bis 2021 regiert hatte. Bei der Pannenwahl 2021 wurde die SPD wieder stärkste Kraft. Giffey bildete daraufhin mit Grünen und Linken eine Regierung.

Doch mittlerweile liegt die SPD in Umfragen nicht mehr unangefochten auf Platz eins. Eine Insa-Umfrage sieht SPD und Grüne gleichauf bei 20 Prozent, die CDU bei 21 Prozent.

Wiederholt werden muss übrigens auch die Bundestagswahl in Berlin. Diese wird aber nur in 431 von 2256 Wahlbezirken wiederholt werden. Wann das passiert, ist unklar. Die CDU will den von den Ampelparteien SPD, Grüne und FDP gefassten Beschluss vor das Bundesverfassungsgericht bringen. Sie möchte eine Wiederholung in mehr Bezirken. (Birgit Baumann aus Berlin, 16.11.2022)