Missstände in der Schweinemast, Kritik an den Tierwohlkriterien, zu wenig Transparenz, zu viel Klimaschädliches wie Fleisch und Milch: Die Liste mit Beanstandungen gegenüber dem AMA-Gütesiegel wurde in der Vergangenheit immer länger. So manche Bauern klagten, das Siegel der Agrarmarkt Austria (AMA) sei wenig wert. Zuletzt wurden einige Reformschritte auf den Weg gebracht. Milch- und Rindfleischprodukte mit dem AMA-Gütesiegel dürfen etwa ab 1. Jänner 2024 nicht mehr von dauerhaft angebundenen Kühe stammen. Eine entsprechende Übergangsregelung wurde zuletzt um sechs Jahre verkürzt. Als Folge der jüngsten Skandale in zwei niederösterreichischen Schweinemastbetrieben hat man zudem die Kontrollen "risikobasiert vertieft", wie AMA-Geschäftsführer Michael Blass vor Journalisten erklärt. Das kostet auch mehr Geld. Lukriert werden soll es durch eine Neuaufstellung der Finanzierung.

Gesetzesreform

Eine solche wurde schon seit längerem verhandelt, hat doch auch der Rechnungshof empfohlen, das System breiter und gerechter aufzustellen. Dem wurde nun mit der Reform des AMA-Gesetzes Rechnung getragen, sagt Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP). Die Marketingbeiträge, die die Bäuerinnen und Bauern an die AMA zahlen, werden neu aufgestellt. Totschnig hat mit dem grünen Koalitionspartner und der Landwirtschaftskammer eine Novelle zum AMA-Gesetz verhandelt, die am Mittwoch den Ministerrat passierte. Läuft alles nach Plan, soll sie noch im heurigen Dezember beschlossen werden und mit 1. Jänner 2023 in Kraft treten.

Landwirte, die Mais, Weizen oder Soja anbauen, sollen künftig auch Beiträge zum AMA-Budget leisten müssen.
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Ab da soll der Kreis der beitragenden Betriebe um rund 21.000 auf 100.000 erweitert werden. Pro Landwirt sind das im Schnitt 250 Euro. Fallen im Jahr die Beiträge derzeit vor allem produktbezogen für Milch, geschlachtete Tiere, Eier, Gemüse und Obst an – wobei die Milchbetriebe größter Beitragszahler sind –, sollen künftig auch Flächen miteinbezogen werden. Acker- und Getreidebauern sollen neu mitfinanzieren – mit fünf Euro pro landwirtschaftlicher Nutzfläche. Bei Almweiden fällt ein Euro je Hektar an. Insgesamt sollen sie rund 3,5 Millionen Euro zum Gesamtbudget von dann rund 25 Millionen Euro beitragen. Derzeit liegt das AMA-Budget bei rund 19 Millionen Euro.

Wer mehr zahlt

Für Milchbauern und Rinderzüchter soll die Reform "aufkommensneutral" sein, rechnen AMA-Marketing-Chef Michael Blass und Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger vor. Denn die produktbezogenen Beiträge würden in manchen Fällen sinken. Bei Milch etwa von derzeit drei auf 2,20 Euro pro Tonne, bei Rind von 3,70 auf 2,70 Euro pro geschlachtetem Tier. Unverändert bleibt der Beitrag für Schweinebauern, sie zahlen weiterhin 0,75 Euro pro geschlachtetem Schwein. Sie gehören laut Blass auch zu jenen Betrieben, die unter dem Strich künftig wohl mehr zahlen müssen, sagt Blass: Weil sie im Regelfall auch Nutzflächen bewirtschaften, auf denen sie etwa Futtermittel anbauen. Blass spricht zudem auch von höherem Kommunikationsbedarf nach den Skandalen in den Mastbetrieben.

Für die Konsumenten und Konsumentinnen wird die Reform insofern sichtbar werden, als das AMA-Gütesiegel, das bekanntlich landwirtschaftliche Produkte aus Österreich bewirbt, ab 2023 auch auf Brot und Gebäck zu finden sein wird. AMA-Chef Blass schwebt etwa ein Wiener Gugelhupf mit Getreide aus Wien vor. (Regina Bruckner, 17.11.2022)