Seit Anfang November erfasste Südkoreas Militär mehr als 25 Raketentests, darunter eine Interkontinentalrakete.

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Pjöngjang/Seoul – Nordkorea hat nach Drohungen gegen die USA und ihre Verbündeten Südkorea und Japan abermals eine Rakete abgefeuert. Südkoreas Militär habe am Donnerstagvormittag (Ortszeit) den Start einer ballistischen Kurzstreckenrakete von der Ostküste Nordkoreas erfasst, teilte der südkoreanische Generalstab mit. Die Rakete sei etwa 240 Kilometer weit in Richtung offenes Meer geflogen. Den letzten Test einer atomwaffentauglichen Rakete hatte Nordkorea erst am 9. November durchgeführt.

Kurz zuvor habe Südkorea zusammen mit den USA eine "vorher geplante" Seeübung zur Raketenabwehr abgehalten, berichtete die Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf den südkoreanischen Generalstab. Dieser warf dem weitgehend isolierten Nachbarland Provokation vor. Uno-Resolutionen untersagen der selbsterklärten Atommacht den Test ballistischer Raketen. Diese können je nach Bauart mit einem Nuklearsprengkopf bestückt werden.

Militärische Gegenmaßnahmen angekündigt

Nordkoreas Außenministerin Choe Son-hui hatte zuvor mit schärferen militärischen Schritten gedroht, mit denen man auf die Entschlossenheit der USA reagieren wolle, ihre Militärpräsenz für die Sicherheit Südkoreas und Japans zu stärken. Je eifriger die USA ihr Angebot zum Ausbau der "erweiterten Abschreckung" verfolgten und je intensiver ihre militärischen Aktivitäten in der Region ausfielen, desto heftiger würden die militärischen Gegenmaßnahmen sein, zitierten Staatsmedien die Ministerin. Wie genau diese Maßnahmen aussehen könnten, sagte sie nicht. Den USA warf Choe vor, "Glücksspiel" zu betreiben. Den Nachbarn Südkorea und Japan hielt sie vor, sich als Vasallen Washingtons zu verhalten.

Choe spielte auf das Treffen von US-Präsident Joe Biden mit Japans Ministerpräsident Fumio Kishida und Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol am vergangenen Sonntag an. Bei dem Treffen am Rande des Gipfels des südostasiatischen Staatenverbands Asean in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh hatte Biden das provokante Verhalten Nordkoreas kritisiert. Zudem bekräftigte er seine Entschlossenheit, die "erweiterte Abschreckung" zu verstärken. Darunter verstehen die USA die "volle Bandbreite" ihrer Fähigkeiten zur Verteidigung Südkoreas und Japans – einschließlich Atomwaffen.

Beginn des Asien-Pazifik-Gipfels

Der Raketentest vom Donnerstag erfolgte kurz vor Beginn des Asien-Pazifik-Gipfels (Apec) in der thailändischen Hauptstadt Bangkok. Daran nehmen neben US-Vizepräsidentin Kamala Harris auch Kishida und der südkoreanische Premierminister Han Duck-soo teil.

Die Spannungen auf der Koreanischen Halbinsel nehmen derzeit wieder deutlich zu. Seit Beginn des Jahres gab es bereits mehr als 50 nordkoreanische Raketentests – allein Anfang November erfasste Südkoreas Militär mehr als 25, darunter eine Interkontinentalrakete. Experten befürchten, dass sich die Spannungen weiter hochschaukeln und schon geringste Fehlkalkulationen auf einer der beiden Seiten gefährlichste Konsequenzen nach sich ziehen könnten. (APA, red, 17.11.2022)