Mit Flöte statt Zauberstab: Tamino (Jack Wolfe) mit Harry-Potter-Look im Sängerknaben-Hogwarts.

Foto: Tobis Film

Tim ist in die Mozart'sche Zauberwelt geraten. Als Tamino trifft er die Schlange.

Foto: Tobis Film

Meister Mozart und Librettist Emanuel Schikaneder lassen in der Zauberflöte Tamino anfangs Todesnähe spüren. Es begegnet der Prinz einer Riesenschlange, die schließlich, ansonsten ja die Oper schon zu Beginn zu Ende wäre, von den drei Damen gebändigt wird. In The Magic Flute geht es initial ebenfalls um den Tod. Regisseur Florian Sigl führt allerdings schlangenfrei ins Spital, wo Papa seinen Sohn Tim Walker (Jack Wolfe) einen letzten Wunsch umhängt.

Der Junge möge, wie einst Vati, die Mozart International School aufsuchen, um seiner Stimme den letzten Goldschliff zu verleihen. Wichtig, damit der Film (mit Roland Emmerich als ausführendem Produzenten) später fantasymäßig wirken kann: Als Abschiedsgeschenk gibt es für Söhnchen den Klavierauszug der Zauberflöte, dessen mirakulöse Fähigkeiten Tim verborgen sind.

Romantisch zugetan

Mozarts Singspiel wird dann im Internat, einer Art Sängerknaben-Hogwarts, für Tim Unterrichtsobjekt und Herausforderung. Er muss Dr. Longbow (Murray Abraham, der einst in Miloš Formans Amadeus den Mozart-Antipoden Salieri spielte) vorsingen. Tim steht aber auf Jackson 5 (I’ll Be There), singt Andrea Bocelli hinterher (Time to Say Goodbye) und ist als Tamino unten durch. Dass er und Sofie (Niamh McCormack), die sich auch noch als Dr. Longbows Tochter herausstellt, einander romantisch zugetan sind, verdichtet die jungen Nöte.

KinoCheck

The Magic Flute ist natürlich nicht nur wegen des Internatsmilieus ein Verwandter von Harry Potter. Wenn drei weiße Schwebekugeln (in der Oper sind es drei Knaben) Tim um drei in der Früh zu einem Buchregal locken, in das er Papas Zauberflöten-Noten reinlegt, um von einer Drehtür in die andere, die Welt der Zauberflöte katapultiert zu werden, wird es "Simsalabim"-mäßig.

Mozart bleibt schüchtern

Nach und nach entzaubert sich allerdings der Film selbst. Er will von allem etwas sein, will Coming-of-Age-Story sein, blau vernebelte Herr der Ringe-Ästhetik beschwören, will Alice im Wunderland-Flair versprühen. Er ist aber alles nur ein bisschen. Symptomatisch, dass der Film sich nur schüchtern auf die Oper einlässt, musikalisch Mozart eigentlich nicht traut und sehr oft symphonisch-pseudoromantischen Allerweltssoundtrack-Mainstream einsetzt. Da singt sich auch Tim (selbst für Musicalverhältnisse) mit Piepsstimme durch Arienfragmente. Opernhaft, aber nicht viel besser und eher kurzatmig wirkt Pamina (Asha Banks).

Starauftritt: Rolando Villazón

Immerhin wird eine Arie ganz gegeben: Bei Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen schwebt Sabine Devieilhe als Königin der Nacht durch die Lüfte. Imposant auch Sarastro, der als gütiger Riese (Morris Robinson) dargestellt wird und Tim wieder in die echte Welt entlässt.

Dort steht nun die Aufführung der Zauberflöte an! Opernsänger Enrico Milanesi (Tenor Rolando Villazón) begrüßt das Publikum im echten Salzburger Mozarteum. Tim darf nun doch Tamino sein. Bevor er den ersten Ton bei der Begegnung mit der Schlange piepst, ist der Film jedoch vorbei. Besser so. (Ljubiša Tošic, 17.11.2022)