Gespannte Stimmung zwischen Trudeau (links) und Xi.

Foto: Adam Scotti / Office of the Prime Minister of Canada / AFP

Am Mittwoch wurde die Welt Zeugin eines höchst ungewöhnlichen Vorgangs auf dem diplomatischen Parkett im sonnigen Bali: Vor laufender Kamera kanzelte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping den kanadischen Premierminister Justin Trudeau wegen angeblich mangelnder Vertraulichkeit nach einem Gespräch der beiden ab.

In einer Videoaufnahme ist der Chinese mit – vergleichsweise – harschen Worten am Rande der Schlusszeremonie des G20-Gipfels zu hören: "Alles, was wir gestern diskutiert haben, ist Zeitungen zugespielt worden. Das ist nicht angemessen." Wer ernsthaft sei, belehrte Xi Trudeau, führe den Dialog mit gegenseitigem Respekt. Und fügte noch eine Drohung an: "Ansonsten ist schwer zu sagen, was das Ergebnis sein wird."

Berichten zufolge hatte sich Trudeau bei dem informellen Gespräch mit Xi, dem ersten seit mehr als drei Jahren, über chinesische Einmischung in die kanadische Politik beschwert. Den Rüffel wollte der Kanadier dann auch nicht einfach so über sich ergehen lassen – sondern seinen Standpunkt auch gegenüber dem mächtigen Autokraten deutlich machen: "In Kanada glauben wir an freie, offene und freimütige Gespräche", erklärte Trudeau, er wolle konstruktiv mit China zusammenarbeiten, aber es werde Dinge geben, bei denen man nicht übereinstimme.

Lächeln im Abgang

"Dann schaffen wir zuerst die Bedingungen", erklärte Xi noch, bevor er sich mit Handschlag und einem Lächeln im Gesicht verabschiedete. Wegen gegenseitiger Spionagevorwürfe sind die Beziehungen zwischen Kanada und China schon seit längerem angespannt – das Treffen in Bali dürfte sie nicht unbedingt verbessert haben. (red, 17.11.2022)