Garantierter Verkauf: Andy Warhols "White Disaster (White Car Crash 19 Times)" wechselte offiziell für 85,4 Millionen Dollar den Besitzer.

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Das Millionen-Staccato der Marktgiganten der Kunstauktionsbranche setzte sich in der Nacht auf Donnerstag in New York fort: Knapp 315 Millionen Dollar setzte Sotheby’s in der Abendsitzung um, wozu acht neue Künstlerrekorde und jene 85,4 Millionen Dollar beitrugen, die man für Andy Warhols "White Disaster (White Car Crash 19 Times)" notierte.

Ab 1963 hatte sich der Pop-Art-Künstler fast schon obsessiv mit der menschlichen Sterblichkeit beschäftigt. Etwa 44 Prozent der Amerikaner besaßen damals ein Auto, das für viele als starkes Symbol für Freiheit, Unabhängigkeit und Fortschritt galt. Zeitgleich fielen jährlich etwas mehr als 40.000 Menschen Autounfällen zum Opfer, also etwa 100 tagtäglich.

Auto als Ursache von Zerstörung

Das Auto als Ursache von Zerstörung und als Ikone des Schreckens war das Motiv, worum es Warhol in seiner "Death and Disaster"-Serie und auch in weiterer Folge ging. Als Vorlage diente ihm ein dem Nachrichtenklischee "if it bleeds, it leads" folgendes reißerisches Foto eines tödlichen Zusammenstoßes, das im Juni 1963 vom Magazin "Newsweek" publiziert worden war. Durch den wiederholten, ähnlich einer filmischen Abfolge gestalteten Einsatz entfremdete Warhol das Motiv von seiner eigentlichen Tragödie und löste den unmittelbaren Schrecken in bedeutungslose Vorhersehbarkeit auf. Experten bezeichnen es als "kraftvolle Zusammenfassung des Geheimnisses von Leben und Tod und eine Ode an die damit verbundene Tragödie".

Andy Wahrhols "White Disaster (White Car Crash 19 Times)" misst 3,7 mal zwei Meter.
Foto: Sotheby’s

Gastspiel in Wien

Das fast 3,7 m hohe und mehr als zwei Meter breite "White Disaster" kam erstmals im Mai 1987 bei Christie’s in New York zur Auktion, wo es für 660.000 Dollar vorerst in den Besitz der Thomas Ammann Fine Art AG (Zürich) wechselte, die es 1996 verkaufte. 1999 war das Großformat im Zuge der Ausstellung "Andy Warhol: A Factory" in der Kunsthalle Wien als Leihgabe zu sehen.

Sotheby’s hatte dem unbekannten Verkäufer jetzt unabhängig vom Verlauf der Versteigerung einen Erlös garantiert, der in der Höhe des Nettozuschlages (exklusive Aufgeld) von 74 Millionen Dollar liegen dürfte. Die offiziellen Erwartungen waren im Vorfeld mit etwa 80 Millionen Dollar beziffert worden. Insgeheim hatte man wohl auf ein deutlich höheres Ergebnis spekuliert.

Rekordpreise für die Serie

Nicht ganz zu Unrecht: Denn Werke aus dieser spezifischen Serie repräsentierten in den vergangenen Jahren im Falle Warhols Zäsuren in der Preisentwicklung. Die 2007 für "Green Car Crash (Green Burning Car I)" bei Christie’s erzielten 71,72 Millionen Dollar markierten ganze sechs Jahre den Auktionsweltrekord für Arbeiten Warhols – bis zu den 105,44 Millionen Dollar, die ein anonymer Telefonbieter 2013 bei Sotheby’s für "Silver Car Crash (Double Disaster)" bewilligte. (Olga Kronsteiner, 17.11.2022)