Landwirte als CO2-Sünder hinzustellen findet der Autor Reinhard Kaiser-Mühlecker kurzsichtig. Es geht um Nahrungsmittelproduktion, das wird gern vergessen.

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Reinhard Kaiser Mühlecker sitzt schon da auf einer Bank und schaut in die Sonne. In Kremsmünster, Treffpunkt für das Interview, hängt auch im November kein Nebel. Im Gegenteil. Dunkel wie seine Bücher ist heute nur seine Raulederjacke. Drinnen in der Stiftschenke des Klosters erzählt der Autor dann sehr konzentriert und freundlich über die mittägliche Geräuschkulisse eines vollen Lokals hinweg über sein Dasein als Schriftsteller und Landwirt und auch darüber, was das mit seinem aktuellen Roman "Wilderer" zu tun hat, – oder auch nicht.

STANDARD: Herr Kaiser-Mühlecker, was ist eine "verdammte Zauk", ein Begriff, der in Ihrem aktuellen Roman ein paar Mal vorkommt?

Kaiser-Mühlecker: Zauk ist oberösterreichisch, die englische Variante wäre "Bitch". Oder es ist auch nicht von hier. Ich habe unlängst in einem Berliner Frauengefängnis gelesen, und da hat eine Hamburger Insassin gemeint, bei ihnen heiße das "Zaukl" oder so ähnlich. Es ist jedenfalls eindeutig weiblich und negativ konnotiert.

STANDARD: Woher kennen Sie den Begriff?

Kaiser-Mühlecker: (lacht) Aus dem Alltagsgebrauch. Ich liebe Schimpfwörter und Flüche. Ich kenne den Ausdruck schon seit meiner Kindheit, ohne dass ich die Bedeutung kannte. Auch meine deutsche Lektorin hat bei "Zauk" nicht nachgefragt, man versteht schon, dass es nichts Liebevolles ist.

STANDARD: Was sagen Sie jemanden, der Sie nicht kennt und fragt: Was machen Sie beruflich?

Kaiser-Mühlecker: Dass ich eine Landwirtschaft betreibe …

STANDARD: … und den Schriftsteller lassen Sie unter den Tisch fallen? Katja, die Frau, die Ihr Protagonist Jakob im Roman kennenlernt, sagt: "Landwirt, das stell ich mir aufregend vor." Ist es aufregend?

Kaiser-Mühlecker: Ja, sicher, immer wieder. Lange habe ich gesagt, ich bin Student, aber irgendwann ging das das nicht mehr. Aber mich fragt selten wer. Ich komme nirgends hin.

STANDARD: In Ihrer Autorenbiografie steht seit geraumer Zeit: "Er führt den Hof seiner Vorfahren."

Kaiser-Mühlecker: Ja, bei diesem letzten Buch wollte der Verlag das so haben. Ich wollte es eigentlich weglassen. Es passiert immer häufiger, dass man auf das Biografische angesprochen wird. Ich möchte das eher auseinanderhalten.

STANDARD: Wann fiel die Entscheidung, den Hof Ihrer Eltern zu übernehmen?

Kaiser-Mühlecker: Das ist schwer an einem Punkt festzumachen. Ich wollte den Betrieb immer übernehmen und war von klein auf dafür vorgesehen. Seit dreieinhalb Jahren bin ich wieder dauerhaft zurück, der Vertrag beim Notar war der Schlusspunkt eines langen Prozesses. Übergeben wurde, als die Eltern, die bisherigen Eigentümer und Betriebsführer, den Ruhestand antraten und auf dem Papier Pensionisten wurden.

STANDARD: Übergabe und Erben sind bei Bauern ein heikles Thema, damit beschäftigt sich auch Ihr aktueller Roman. Wo liegen die Probleme?

Kaiser-Mühlecker: Wenn einer übernimmt, müssen die anderen Erben weichen. Das ist hart, aber alle Beteiligten wissen, dass es nur so geht, sonst ist der Betrieb weg. Es kommt vor, dass jemand sich übervorteilt fühlt, weil sich man um das, was er bekommt, höchstens ein gebrauchtes Auto kaufen kann. Der andere hingegen hat einen Besitz, der sehr viel mehr wert ist, auch wenn man davon nicht runterbeißen kann, wie es heißt. Die Machtverhältnisse verschieben sich, das ist oft nicht leicht für die Übergeber. Der Übernehmer muss dafür plötzlich für alles den Kopf hinhalten. Es gibt für diesen auch emotionalen Prozess eigene Beratungsstellen. Meine Großmutter hat sich 1982 in den Übergabevertrag noch genaue Lebensmittellisten schreiben lassen: Soundso viel Mehl und Eier, wer fährt sie zum Arzt, solche Dinge. Das Individuum kommt an zweiter Stelle, es geht immer zuerst um das Überleben des Hofs.

STANDARD: Ein Grundrauschen im Buch ist der Transitverkehr der Autobahn, die Landwirtschaft grenzt an die A1. Dieses Rauschen beruhigt Jakob, der an den Hof gebunden ist. Was macht es mit einem, wenn man nicht wegkann?

Kaiser-Mühlecker: Kaspanaze Simma hat gesagt: Landwirtschaft heißt Anwesenheit. Wegsein ist oft mit einem großen Organisationsaufwand verbunden. Ich kenne hier keine Betriebe, die Mitarbeiter haben, das sind alles Familienbetriebe. Selbst einer, der auf der Landwirtschaftsmesse ist, wird irgendwann nervös, weil er in den Stall zurückmuss. Spaß und Vergnügen sind keine Kategorien, aber ich finde diese Ernsthaftigkeit schön.

STANDARD: "Sie würde ihn gern einmal auf dem Hof besuchen", sagt Katja, die später mit Jakob zusammenkommt. Auch von Medien kommen Anfragen, Sie auf dem Hof zu besuchen.

Kaiser-Mühlecker: Ich habe kein Interesse, dass mein Lebensumfeld bekannt wird. Meine Aufgaben sind das Wirtschaften hier und das Bücherschreiben, nicht die Selbstdarstellung. "Ein Tag im Leben von …", mich interessiert so etwas gar nicht. Aber vielleicht wird es mir einmal zu mühsam, immer wegzufahren für Interviews, dann kommen Sie, und wir setzen uns unter den Nussbaum.

STANDARD: Ich denke, das Interesse besteht auch, weil Sie eine Kombination aus zwei Berufen machen und die Landwirtschaft viel mit dem Klimawandel zu tun hat.

Kaiser-Mühlecker: Es ist tatsächlich ein Kraft- und ein Balanceakt. Zeit ist dabei nur eine Komponente. Dazu kommt, dass ich Landwirtschaft als etwas zutiefst Sinnvolles begreife. Ich will mich gut um das Land kümmern und es in gutem Zustand erhalten, trotz der gegenwärtigen Herausforderungen. Ein Buch zu schreiben, das vielleicht niemand braucht – dieser Gedanke bringt mich eher in ein Dilemma. Da braucht es oft etwas Selbstüberzeugung, dass auch das Schreiben eine wichtige Aufgabe ist.

STANDARD: Wer oder was hat Sie als Bauernsohn zur Literatur gebracht?

Kaiser-Mühlecker: Aus meiner Ursprungsgegend niemand. In meiner Jugend wollte ich weg und habe meinen Zivildienst im Ausland geleistet. Weil ich es schwer aushalte, wenn mir jemand Befehle erteilt, war mir die Vorstellung zum Militär zu gehen ein Graus. Ich kam mit sechs anderen in ein Dorf in Bolivien, in dem Krankenhaus, in dem wir arbeiteten, gab es eine, na ja, leichte Überbesetzung an Zivildienern. Wir waren achtzehn und hatten viel Zeit, kein Internet, nur ein paar Wirtshäuser, einen versifften Videoladen und einen Stausee, wo man fischen konnte. Zum Krankenhaus gehörte auch eine große Farm, auf der ich ein paar Mal aushalf. Die Stelle in dem bolivianischen Dorf gab es seit zehn Jahren, und da hat sich eine ganze deutschsprachige Bibliothek angesammelt, weil sich alle Bücher haben schicken lassen, die dann dort gelassen wurden. Ich hatte bis dahin, trotz Gymnasium in Wels, vor allem ein Leben im Dorf und Interesse an Mopeds, Mädchen und Fußball, und dort haben alle plötzlich über Bücher geredet: Solschenizyn, Max Frisch, Thomas Bernhard, von dem ich nicht wusste, dass er 20 Kilometer von uns auf einem Hof gelebt hat. Ich wurde zum besessenen Leser und sehr schnell auch zum Schreiber. Das war für mich der Ort, an dem mir die Literatur begegnet ist.

STANDARD: Wann sind Sie heute aufgestanden?

Kaiser-Mühlecker: Um halb sieben, jetzt beginnt die ruhige Zeit.

STANDARD: Sie sind jetzt gleich auf einer Lesereise in Frankreich. Geht das nur im Winter?

Kaiser-Mühlecker: Ja, zusammen mit Wolfgang Hermann und Josef Winkler, wir haben einen gemeinsamen Verlag in Frankreich. "Wilderer" wird aber bei Gallimard erscheinen, der hervorragende Übersetzer Olivier Le Lay bleibt mir zum Glück erhalten. Auf Wolfgang Hermann bin ich schnell nach Bolivien gestoßen, er hat mir viel geholfen, auch emotional. Für diese Begegnung, aus der Freundschaft geworden ist, bin ich bis heute dankbar.

STANDARD: Im Roman geht es am Rande auch um eine Landwirtschaft, die vom Klimawandel betroffen ist. Es gab gerade wieder eine Klimakonferenz. Wie geht es Ihnen mit dem Thema?

Kaiser-Mühlecker: Das ist ein so großes Thema, dass man gar nicht weiß, wo man beginnen soll. Mein Betrieb ist ein biologischer. Die Umstellung wurde vor 17 Jahren von meinen Eltern gemacht. Das verringert mir heute die Abhängigkeit von Lieferketten oder Gaspreisen. Vom Erdöl sind auch wir abhängig, und zudem muss man in der biologischen Landwirtschaft bisweilen mehr Überfahrten machen. Die Landwirtschaft als CO2-Sünder hinzustellen, finde ich kurzsichtig. Denn in erster Linie stellt sie Nahrungsmittel her, das wird gerne vergessen. Die Rahmenbedingungen schafft die Politik, Bauern sind weder Klimasünder noch Bodenvergifter, sie setzen bei der Produktion unseres Essens Dinge ein, die erlaubt sind. Leider macht die neue GAP (gemeinsame Agrarpolitik, Anm.) alles nur noch komplizierter, sie wird das Bauernsterben noch enorm beschleunigen. Wenn wir so weitertun, wird es laut Schätzungen von Bodenforschern noch zwischen 60 und 100 Jahren fruchtbare Ackerböden geben. Das sind 60 Ernten, dann ist Schluss, dann wächst nichts mehr. Bis dahin degradieren die Böden weltweit, durch Wind- oder Wassererosionen, falsche Bewirtschaftung, Bodenversiegelung und Abholzungen. Man kann nicht die ganze Welt retten, aber man könnte Dinge viel schneller beschließen, beispielsweise, dass wir in Österreich nicht mehr täglich die Fläche eines Fußballfelds zubetonieren. Man tut das aber nicht. Man beschließt auch nicht, dass Kreuzfahrtschiffe nicht mehr fahren dürfen. Der Traktor, der Emissionen macht, ist hingegen keine Spaßfahrt. Wir müssen zu mehr Verständnis füreinander kommen, es gibt zunehmend nur noch Gräben, Schwarz und Weiß. Da sehe ich meine Bücher als Beitrag, mehr Verständnis für eine bäuerliche Lebenswelt zu schaffen. Der Umstieg auf nachhaltiges Wirtschaften ist oft schwierig, er stellt alles Bisherige infrage, auch die Investitionen. Dennoch müssen wir die Kurve kriegen, und zwar miteinander. Viele Hochkulturen sind zugrunde gegangen mit dem Verlust ihres fruchtbaren Bodens.

STANDARD: Essen Sie noch Fleisch?

Kaiser-Mühlecker: Ich esse gerne Fleisch, aber fast nur Biofleisch und sehr wenig. Ich weiß auch nicht, was daran oder an Tierhaltung an sich schlecht sein soll, wenn die Tiere gut gehalten werden und wenn Raufutterverwerter auch nur Raufutter zu fressen bekommen. Tiere sorgen durch ihren Dung außerdem für fruchtbare Böden. Zugleich ist es mir ein Rätsel, wie wir dazu kommen, von Verzicht zu sprechen, wenn wir ein paar Tage in der Woche kein Fleisch essen. Wann ist das passiert? Fleisch ist ein Luxusgut oder sollte eines sein.

STANDARD: Es geht in Ihren bislang acht Romanen immer auch düster zu, nicht nur wegen der Herausforderung durch den Klimawandel. Es geht um Schicksal und Schuld und um zwischenmenschliche und innerfamiliäre Abgründe. Hat Schreiben für Sie auch etwas Therapeutisches?

Kaiser-Mühlecker: In meiner späten Jugend war ich wohl eher auf der düsteren Seite. Heute bin ich, im Gegenteil, recht heiter und dem Leben sehr zugewandt. Für mich ist die Beschäftigung mit der Landwirtschaft, so wie ich sie sehe, sehr viel therapeutischer als das Schreiben. Mein Kernantrieb beim Schreiben ist die Frage, warum ein Mensch so ist und nicht anders. Warum etwa fehlt jemandem Empathie? Für mich fühlt sich das Schreiben an wie ein Forschungsprojekt, das mir große Freude macht, auch weil langsam etwas entsteht. Das ist vielleicht die große Parallele zur Landwirtschaft. Es wächst etwas, und es braucht Geduld.

STANDARD: Jakob hat ein lebendiges Innenleben, er tut sich aber schwer zu kommunizieren. Woher kommt das Schweigen? Ist das am Land noch verbreiteter?

Kaiser-Mühlecker: Das ist sicher durch die bäuerlichen Strukturen bedingt. Es geht viel um die Hard Facts, das Wetter, Geräte, Abläufe und wenn jeder seine Arbeit macht, muss man nicht viel reden. Ein Urantrieb fürs Schreiben ist auch der Umstand, dass man etwas nicht sagen kann. Eigentlich kann man nie das sagen, was man sagen will. Es ist auch eine Frage der Übung, aber diese Übung fehlt jemandem wie Jakob. Aber ich finde das durchaus gut, wenn das eigene Befinden nicht immer im Zentrum steht. Das ist auch eine Schule, und durch die geht man als Bauernkind: dass man selbst nicht der Wichtigste ist. Kein Nachteil im Leben.

STANDARD: Im Roman geht es auch um das "Judengeld" der Großmutter. Wie sehr sehen Sie Ihre Landschaft als eine vom Zweiten Weltkrieg noch immer kontaminierte? Da gibt es auch ein Schweigen in den Familien. Haben Sie je nachgefragt?

Kaiser-Mühlecker: Bei uns war das, wie überall rundherum, ein Tabu. Darüber wurde nicht geredet. Als ich begonnen habe zu fragen, kam nichts. Ich habe das irgendwann zur Kenntnis genommen und es gelassen. Es gibt einem auch eine bestimmte Freiheit, es nicht genau zu wissen, weil man es dann erfinden kann. Wenn man sich selbst als Gewächs einer Landschaft begreift, dann trägt man das alles ohnehin auf irgendeine wortlose Weise mit sich herum. Wenn man ständig die Autobahn durchrauschen hört, weiß man: Die wurde nicht irgendwann gebaut, sondern damals. Die Geschichte soll in der Erzählung immer spürbar sein. Martin Pollacks Begriff von der kontaminierten Landschaft habe ich ständig im Kopf.

Reinhard Kaiser-Mühlecker, "Wilderer". € 24,70 / 350 Seiten. S.-Fischer-Verlag, 2022 oesterreichischer-buchpreis.at.
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STANDARD: Ihre Romane sind alle ineinander verwoben …

Kaiser-Mühlecker: … ja, das hat sich so ergeben. Immer wieder denke ich, jetzt ist es genug, jetzt schreibst du etwas anderes, aber es hat sich herausgestellt, dass diese Landschaft und dieses Milieu mein Forschungsgegenstand sind. Man kennt sich sonst nirgends aus und hat auch kein Gefühl dafür. Ich bin die Stimme dieser Region, aber meine Person ist dabei nicht wichtig.

STANDARD: Sind die Lebenswelten am Land noch immer so geschlechtergetrennt? Im "Wilderer" beschreiben es diese Frauen- und Männerlebensbereiche: die Küche, das Haus, das Wirtshaus, den Stammtisch, die Werkstatt.

Kaiser-Mühlecker: Ich habe nicht das Gefühl, dass sich das fortsetzt, wie es immer war. Kinder bringen diese getrennten Bereiche noch immer häufig mit sich. Aber heute sind Frauen genauso mit Maschinen beschäftigt, weil es auch notwendig ist, und die Männer schieben Kinderwägen und nehmen Papamonat, ohne sich zu genieren. In der Kindheit und Jugend war es noch anders. Meine Generation ist wieder ganz anders als die davor. Und warten wir ab …

STANDARD: Sie haben einen Sohn, der im Ausland lebt.

Kaiser-Mühlecker: Ja, er lebt in Dänemark. Lieber wäre mir, er wäre bei mir, aber er ist dennoch regelmäßig da, und er liebt den Hof. Meine große Hoffnung ist, dass das so bleibt, dass ihm das alles nicht egal ist, dass ich die Liebe, die ich selbst bekommen habe, weitergeben kann.

STANDARD: Es gibt manchmal die Zuschreibung "unzeitgemäß" für Ihr Werk, was denken Sie darüber?

Kaiser-Mühlecker: Ich bin ja nur fürs Schreiben zuständig. Zuschreibungen muss man nehmen, wie sie eben kommen. Jemand sagt Stifter oder Handke oder sonst noch was. Das Klügste ist so zu tun, wie man sich einbildet, dass man tun muss. Nicht auf das, was einem das Außen zuruft, sondern das, was man in sich trägt, muss man hören. Es ist die einzige Chance, etwas Eigenständiges zu schaffen. Schwer genug.

STANDARD: Im Dezember werden Sie vierzig. Hat das eine Bedeutung?

Kaiser-Mühlecker: Im Herbst 2020 und im Frühjahr 2021 habe ich "Wilderer" geschrieben, abends und frühmorgens, und seither nicht mehr viel. Es war viel zu tun, und mein einziger Geburtstagswunsch ist, bald wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben. Ich feiere mit meinen Geschwistern, ein paar alten Freunden, wir setzen uns zusammen, trinken ein paar Gläser, fertig.

STANDARD: Jakob bekommt in "Wilderer" Corona und hat Probleme mit seinen Händen. Gesundheit ist für Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten, ein wichtiges Thema.

Kaiser-Mühlecker: Ja, das ist die Grundvoraussetzung. Ein Schriftsteller könnte auch bettlägerig schreiben. Beim Landwirt darf nix sein. Aber wir sind viel an der frischen Luft und ständig in Bewegung, und gesunde Ernährung ist mir wichtig. Rückenschmerzen bekomme ich nur im Zug, wenn ich auf Lesereise bin. Sitzen bin ich nicht mehr gewohnt.

STANDARD: Handke hat auch im Dezember Geburtstag, er wird achtzig. Wie kam es zu seinem Lob für Ihr Schreiben?

Kaiser-Mühlecker: Das ging über Arnold Stadler, der sagte: Du musst dem Handke deinen "Langen Gang" schicken, und das habe ich gemacht, und der hat mir schöne Zeilen zurückgeschrieben. Das habe ich ein paar Jahre später nach dem dritten Bier nach einer Lesung meiner Lektorin erzählt, und dann stand es sofort auf meinem Buchumschlag drauf, und ich meinte nur: Moment, ich muss den doch erst fragen, habe ihm geschrieben, und in Windeseile kam der Brief zurück, dass ich es gern verwenden kann. Fand ich sehr großzügig, denn er kannte das Buch schließlich nicht, für das es gedacht war.

STANDARD: Sind Sie wie Ihr Protagonist Jakob auch gern allein?

Kaiser-Mühlecker: Ich bin gern allein, und ich bin gern in Gesellschaft. Jakob ist, glaube ich, nicht gern in Gesellschaft.

STANDARD: Ob Sie den Österreichischen Buchpreis gewonnen haben, erfahren Sie erst im Rahmen der Verleihung in Wien.

Kaiser-Mühlecker: Ja, das ist so. Ein Spiel. Ich war gerade beim bayrischen Buchpreis in München, und dort wurde alles überhaupt erst auf der Bühne ausdiskutiert. Dass ich den gewonnen habe, senkt wohl meine Chancen, den österreichischen zu bekommen. Insofern gehe ich da ganz gelassen hin. (Mia Eidlhuber, 20.11.2022)