Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat sein erstes Budget durchgebracht.

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Wien – Der Nationalrat hat am Donnerstagabend nach dreitägiger Debatte das erste Budget von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) beschlossen. Wie nach der von der Opposition auch am Schlusstag vorgebrachten Kritik nicht anders zu erwarten, kam Zustimmung nur von der Koalition. Auch ein Oppositionsantrag fand eine Mehrheit, nämlich jener der SPÖ für die Europäische Menschenrechtskonvention, den nur die FPÖ ablehnte.

Gegen Ende der Debatte waren in Sachen Budget noch einige Änderungen eingebracht worden. So wurde Vorsorge getroffen, sollten den Unis durch anhaltend hohe Energiepreise direkt und indirekt Zusatzbelastungen entstehen, die unter Umständen von den mehrjährigen Leistungsvereinbarungen nicht mehr abgedeckt werden können. Bis zu 150 Millionen Euro sind hier reserviert.

Hohe Inflation und Energiekrise im Fokus

Der Gesamtvoranschlag für 2023 steht im Zeichen der hohen Inflation und Energiepreise infolge des russischen Angriffes auf die Ukraine. Während die Ausgaben für die Bewältigung der Corona-Krise zurückgehen, wird jetzt viel Geld für die Abfederung der Teuerung in die Hand genommen. Damit wird das Maastricht-Defizit laut dem Voranschlag kommendes Jahr bei rund 2,9 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Die Schulden steigen auf 367 Milliarden Euro, der Anteil am Bruttoinlandsprodukt sinkt jedoch leicht von 78,3 auf 76,7 Prozent. Die Zinszahlungen verdoppeln sich von 4,3 auf fast neun Milliarden Euro im Jahr 2023.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) betonte am Ende der Debatte die Schwerpunkte, die gesetzt würden, etwa bei der Sicherheit. Hervorgehoben wurde einmal mehr die Abschaffung der kalten Progression und die Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen.

Opposition kritisiert das Budget

Die Opposition kritisiert bis in das Schlusskapitel Finanzen hinein falsche Weichenstellungen und auch den Finanzminister persönlich. So warf ihm SP-Finanzsprecher Jan Krainer vor, das "System der ÖVP-Korruption" in seinem Ressort fortzusetzen. Neos-Mandatarin Karin Doppelbauer prangerte Freunderlwirtschaft und Intransparenz bei der Covid-19-Finanzierungsagentur (Cofag) an. Für die FPÖ kritisierte Axel Kassegger am Budget etwa Intransparenz. 20 Prozent des Budgets seien eine Blackbox.

Heeresbudget: Adventkerze statt Leuchtrakete

Selbst bei jenen Kapiteln, in denen das Budget deutlich aufgestockt wird – etwa bei der Verteidigung um 22,3 Prozent –, setzte es Kritik. Denn der angekündigte Wert von einem Prozent des BIPs wird damit nicht erreicht, was für Empörung sorgte. SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer meinte, der Voranschlag sei als bombastische Leuchtrakete verkauft worden, übrig bleibe aber nur eine Adventkerze.

Sein freiheitlicher Kollege Volker Reifenberger betonte, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) habe es geschafft, dass eine grundsätzlich positive Budgetentwicklung selbstverschuldet als Niederlage gewertet werde, und das zu Recht. Neos-Wehrsprecher Douglas Hoyos sah wieder eine der großen Ankündigungen der Koalition nicht erfüllt.

Anders der Eindruck der Koalition. Tanner meinte, mit der Aufdotierung werde soziale Sicherheit nicht mehr gegen militärische Sicherheit ausgespielt. Die Ausstattung des Heers mit moderner Gerätschaft diene keinem Selbstzweck, sondern dem Schutz aller. Der Grünen-Mandatar David Stögmüller ergänzte, dass auch eine Milliarde in Nachhaltigkeit und Energieunabhängigkeit im Heer investiert werde.

Kogler sieht "schäbige Zwischenrufe"

Der Bereich Umwelt und Verkehr, in dem knapp 3,7 Milliarden Euro veranschlagt sind, bot ebenfalls Anlass zum Schlagabtausch zwischen Koalition und Opposition. Auslöser waren Äußerungen und Zwischenrufe aus den Reihen der FPÖ, die Klimaaktivisten in die Nähe des Terrorismus gerückt hatten. "Das gehört zum Schäbigsten, was in diesem Haus jemals passiert ist", sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der für die bei der Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh weilende Ressortchefin Leonore Gewessler eingesprungen war.

Beim ersten Tagesordnungspunkt hoben die Koalitionsfraktionen ÖVP und Grüne Donnerstagfrüh die Steigerung des Frauenbudgets hervor, diesmal um 32 Prozent auf 24,3 Millionen Euro. Nur 0,5 Prozent mehr gibt es für Familie und Jugend. Die Opposition zeigte sich unzufrieden. Kritisiert wurden etwa seit dem Vorjahr verschlafene Umsetzungsschritte beim neuen Eltern-Kind-Pass.

Anträge der Opposition weitgehend abgeschmettert

Auf der anderen Seite zeigte die Koalition Dutzenden von SPÖ, FPÖ und Neos während der vergangenen drei Tage eingebrachten Anträgen die kalte Schulter. Initiativen wie jene der SPÖ zu einem Erhalt der "Wiener Zeitung" oder der FPÖ für einen Zuwanderungsstopp blieben ebenso ohne Mehrheit wie Neos-Anträge etwa zur Erhöhung des Uni-Budgets.

Etwas überraschend fand der Antrag der SPÖ an die Regierung eine Mehrheit, nämlich ein vollumfassendes Bekenntnis zu der im Verfassungsrang stehenden Europäischen Menschenrechtskonvention und zum vehementen Eintreten für eine unveränderte Geltung ebendieser. Geplant war der Antrag wohl auch deshalb, um die Koalition zu spalten, stimmte dann die Volkspartei, aber ebenso die Grünen zu, wiewohl VP-Klubchef August Wöginger sich jüngst im STANDARD für eine Überarbeitung der Konvention ausgesprochen hatte.

Abgeschlossen wird die Plenarwoche am Freitag mit einer weiteren Sitzung, in deren Rahmen unter anderem die gesetzliche Grundlage für Erinnerungsbriefe für die Corona-Impfung behandelt wird. Auch wird die Finanzierung des U-Bahn-Ausbaus in Wien abgesichert. (APA, 17.11.2022)