Das Lünerseewerk oberhalb von Tschagguns in Vorarlberg wurde in den 1950er-Jahren errichtet. Nun hat man aus der Idee Lünerseewerk II ein Projekt gemacht, das spätestens bis 2037 realisiert werden soll.

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Der landeseigene Vorarlberger Stromversorger Illwerke VKW nimmt seine bisher teuerste Einzelinvestition in Angriff: Um rund zwei Milliarden Euro soll bis 2037 das größte Speicherkraftwerk Österreichs entstehen, das seinen Strom allerdings zur Gänze in das deutsche Netz einspeisen wird – das Lünerseewerk II.

Gelegen im Süden Vorarlbergs zwischen dem Brandnertal und dem Montafon, wird das Kraftwerk eine Leistung von 1.000 Megawatt (MW) im Turbinenbetrieb und von ebenfalls 1.000 MW im Pumpbetrieb haben. Zum Vergleich: Die Kraftwerksgruppe Kaprun, bisher größter Pumpspeicher Österreichs, hat eine Leistung von 833 MW zur Stromerzeugung und von 610 MW für den Pumpbetrieb.

"Das Projekt gibt uns die Möglichkeit, von der Regionalliga in die Champions League aufzusteigen", sagte Illwerke-Vorstandsdirektor Christof Germann Donnerstagabend bei der Vorstellung des Projekts in Wien. Mit dabei war auch Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), der Eigentümervertreter bei den Illwerken ist. Dass er sich für den Vorstandsposten ab 1. Juli 2023 interessiere, der ausgeschrieben ist, weil das derzeitige Führungsduo Christof Germann und Helmut Mennel kommendes Jahr in den Ruhestand tritt, stellte der zuletzt politisch unter Druck geratene Landeshauptmann in Abrede. "Das ist eine journalistische Ente", sagte Wallner.

Verfahrensbeschleunigung angemahnt

Vorarlbergs Landeshauptmann hofft, dass Lünersee II durch Verfahrensbeschleunigung um etwa drei Jahre früher ans Netz gehen kann, also schon 2034 statt 2037. Wenn die Energiewende weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energien gelingen solle, müssten zusätzliche Speicherkapazitäten geschaffen werden, je früher, desto besser.

Mit einer Fallhöhe von 1.350 Metern werde ein Projekt realisiert, das in dieser Form weltweit einzigartig sei, sagte Mennel. Der Inhalt des Speichersees umfasse rund 80 Millionen Kubikmeter, wobei kein zusätzliches Wasser zugeleitet werden müsse. Der Energieinhalt summiere sich aufgrund der enormen Fallhöhe auf 230 Gigawattstunden. Das gesamte Kraftwerk werde im Berg realisiert, die rund 70 Meter hohe Kaverne für die Turbinen inklusive. Für die reine Bauphase werden sechs bis sieben Jahre kalkuliert.

Finanzierung ohne Partner angedacht

Den Strom liefern die Illwerke an ihren langjährigen Partner Energie Baden-Württemberg (EnBW). Erst 2012 wurde die seit Jahrzehnten währende energiewirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Illwerke AG und EnBW offiziell bis 31. Dezember 2041 verlängert. Der deutsche Energieversorger sichert sich damit 50 Prozent der Speicher- und Regelenergie aus den Kraftwerken der Illwerke und beteiligt sich dafür auch in diesem Umfang an den Jahreskosten der Vorarlberger Landesgesellschaft. Dazu kommt ein EnBW-Gewinnzuschlag für die Illwerke.

Die Finanzierung des Lünersee-Projekts wollen die Illwerke jedoch allein stemmen – eine Milliarde durch Eigenmittel, eine Milliarde über den Kapitalmarkt, wie Vorstandsdirektor Germann sagte. (Günther Strobl, 18.11.2022)