Die vom Land Tirol verhängten Transitverbote führen nun zu einer Klage von italienischen Güterkraftverkehrsverbänden.

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Rom/Innsbruck – Die italienischen Güterkraftverkehrsverbände ANITA, FAI und FEDIT haben gemeinsam mit der Unternehmensvereinigung Confindustria beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Klage gegen die EU-Kommission wegen der vom Land Tirol verhängten Transitverbote eingereicht. Die Verbände beklagten "einseitige Beschränkungen für den Straßentransit von Lastkraftwagen". Tirols Verkehrslandesrat Rene Zumtobel (SPÖ) zeigte sich indes gegenüber der APA gelassen.

Mehrkosten für italienische Unternehmen

"Seit zu langer Zeit verhängt das Land Tirol ungestört Verbote, die den italienischen Unternehmen erhebliche Mehrkosten verursachen und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft untergraben. 70 Prozent der italienischen Exporte überqueren die Alpen, die meisten davon über den Brennerpass", hielt ANITA-Präsident Thomas Baumgartner fest. Seit mehreren Jahren prangere der Verband die "inakzeptable Situation" an, die italienische Unternehmen aufgrund der von Tirol verhängten Fahrverbote "erdulden" müssten, so Baumgartner weiter.

"Mangels eines entschlossenen Handelns seitens der europäischen Institutionen" habe man sich "in voller Übereinstimmung mit den anderen Transport- und Industrieverbänden" dazu entschlossen, rechtliche Schritte einzuleiten. Ziel sei es, den "wiederholten Verletzungen der Grundsätze des freien Warenverkehrs und des fairen Wettbewerbs in der EU ein Ende zu setzen", schrieb der Südtiroler Baumgartner in einer Aussendung.

"Pseudo-Umweltpolitik"

"Die unzureichenden Maßnahmen der EU-Kommission gegen das österreichische Bundesland Tirol, um der zum Nachteil unseres Landes betriebenen Pseudo-Umweltpolitik wirksam zu begegnen, haben uns gezwungen, den Europäischen Gerichtshof anzurufen", schlug Paolo Uggé, Präsident des Frächterverbands FAI-Conftrasporto, in dieselbe Kerbe. "Wir hoffen, dass der Gerichtshof die Verantwortlichkeiten derjenigen endgültig nachgeht, die in all den Jahren dem Schaden, der unseren Unternehmen zugefügt wurde, tatenlos zugesehen haben, indem sie die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich wegen Verletzung der Vorschriften des EU-Vertrags über den Wettbewerb und den freien Warenverkehr vermieden haben", meinte Uggé.

Tirol habe bisher nie nachgewiesen, dass die Beschränkungen des Straßentransits geeignet seien, um die Ziele des Umweltschutzes zu erreichen und dass ein angemessener Ausgleich zwischen dem Schutz des Rechts auf Gesundheit und dem Schutz des freien Warenverkehrs und des Wettbewerbs in der EU bestünde, hieß es im Schreiben. Nach Ansicht von ANITA, FAI und FEDIT sind die Probleme der Schadstoffemissionen dank der Investitionen der Frächter in die Erneuerung ihrer Flotten durch Motoren der neuesten Generation längst überwunden. Die Messstationen entlang der Autobahn in Tirol würden nämlich keine Überschreitungen der von den europäischen Vorschriften vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte mehr registrieren.

"Die Straßentransportunternehmen befürworten die verstärkte Nutzung des kombinierten Verkehrs Schiene-Straße, aber heute stehen keine Gleise zur Verfügung und die Umschlagterminals sind bereits ausgelastet, sodass es bis zur Inbetriebnahme des Brenner-Basistunnels BBT keine Alternative zum Straßentransport gibt", hieß es weiter.

Gelassenheit in Tirol

"Wir kennen die Interessen der italienischen Transportlobby, weshalb mich dieser Schritt nicht überrascht. Ich sehe dieser mehrfach angekündigten Klage der italienischen Güterkraftverkehrsverbände daher auch gelassen entgegen", reagierte unterdessen Landesrat Zumtobel. Die Maßnahmen, die das Land im Kampf gegen den steigenden Straßengüterverkehr setze, seien "allesamt EU-rechtskonform, sachlich gerechtfertigt und fachlich begründbar." "Wir werden uns auch in Zukunft von der italienischen Lkw-Lobby nicht in die Knie zwingen lassen, wenn es darum geht, die in Tirol lebende Bevölkerung vor der Luft- sowie Lärmbelastung der 2,5 Millionen Transit-Lkw über den Brenner zu schützen", hielt der SPÖ-Politiker an der bisherigen Transit-Linie fest. Die Gesundheit der Menschen sowie der Klima- und Umweltschutz sollten in Europa Vorrang gegenüber dem freien Warenverkehr auf der Straße haben. (APA, 17.11.2022)