Weltraumprojekte liefern nicht nur Satellitenempfang und Klimadaten, sondern inspirieren die Menschen. Die entsprechende Wirtschaft dürfte in Zukunft immer wichtiger werden.
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Österreichische Betriebe und Forschungszentren sind wichtige Kooperationspartner für die Erkundung und Kommerzialisierung des Weltraums geworden. Sie arbeiten mit der US-Raumfahrtbehörde Nasa zusammen, etwa beim bahnbrechenden Projekt James-Webb-Weltraumteleskop, einer der Knotenpunkte lässt sich in Wiener Neustadt verorten. Nun fordern sie eine Verdopplung des österreichischen Beitrags für die Europäische Raumfahrtagentur Esa: Das Budget solle künftig 200 Millionen Euro betragen.

Festgelegt wird der Betrag bei Verhandlungen am 22. und 23. November in Paris. Bei der Esa-Ministerkonferenz beschließen die Ministerinnen und Minister der Mitgliedsländer, die für Weltraumfragen zuständig sind, das neue Budget für 2023 bis 2025. In Österreich ist das Klimaschutzministerium verantwortlich und damit Leonore Gewessler (Grüne). Im Ministerium betont man, dass eine Erhöhung geplant sei, Details will man aber erst in Paris bekannt geben.

Schwierige Abwägung

Das Esa-Budget setzt sich aus Pflicht- und Wahlprogramm zusammen. Den Pflichtbeitrag zahlt jedes Mitgliedsland basierend auf seinem Bruttoinlandsprodukt (BIP). Damit werden Wissenschaftsmissionen und Basisaktivitäten der Esa finanziert. Der österreichische Beitrag zum Pflichtprogramm stieg zuletzt von 91 Millionen Euro (für 2017–21; das Pflichtprogramm-Budget wird immer für drei plus zwei Jahre beschlossen) auf 99 Millionen Euro (2020–24) und soll für 2023–27 auf 116 Millionen Euro anwachsen.

Österreich hat sich bei der letzten Ministerkonferenz 2019 gemeinsam mit kleinen Ländern wie Dänemark und Schweden gegen eine zu starke Erhöhung des Pflichtbeitrags ausgesprochen. Denn Pflicht- und Wahlprogramm seien in diesen Ländern kommunizierende Gefäße – je mehr Geld in die Pflicht geht, desto weniger steht für die Wahl zur Verfügung, erklärt Andreas Geisler, Leiter der Agentur für Luft- und Raumfahrt in der Forschungsförderungsgesellschaft FFG.

Im Wahlprogramm können die Länder ihre nationalen strategischen Schwerpunkte umsetzen und sich beispielsweise an konkreten Satellitenprojekten, Umweltmissionen und Trägerraketen beteiligen. Dafür müssen sie in entsprechender Höhe einzahlen. Österreichs Beitrag dafür ist seit der letzten Ministerkonferenz vergleichsweise niedrig: Wurden für die dreijährige Budgetperiode 2017–19 noch 113 Millionen Euro aufgewendet, waren es – beschlossen von der damaligen Übergangsregierung – für 2020–22 nur noch 92 Millionen Euro, die von der neuen Bundesregierung um sechs Millionen Euro erhöht wurden.

Kritik von Generaldirektor Aschbacher

Selbst der aus Österreich stammende Esa-Generaldirektor Josef Aschbacher hat im Sommer dieses Jahres die mangelnde Ausstattung dieses Bereichs kritisiert. Gewessler will den konkreten Beitrag für die kommende dreijährige Finanzierungsperiode erst im Rahmen der Ministerkonferenz bekannt geben, ihr Büro gab allerdings bekannt, dass eine Erhöhung der Mittel geplant sei. Im nationalen Budget habe man bereits zusätzliche Gelder im Umfang von 40 Millionen Euro in den kommenden Jahren festgeschrieben.

Dieter Grebner, Geschäftsführer der oberösterreichischen Weltraumfirma Peak Technology und Präsident von "Austrospace", das 20 Weltraumunternehmen in Österreich vertritt, teilte mit, dass "unserem Kenntnisstand nach für das Wahlprogramm 107 Millionen Euro zur Verfügung stehen werden". Die Raumfahrtunternehmen fordern dagegen "eine Erhöhung auf 200 Millionen Euro, damit neue Projekte realisiert und Arbeitsplätze erhalten beziehungsweise geschaffen werden können", sagt Grebner.

Markt wird "durch die Decke gehen"

Ähnlich wie Aschbacher argumentiert er, dass Österreich beim Pflichtprogramm rund zwei Prozent des Gesamtbudgets beitrage, und dies auch beim Wahlprogramm in entsprechender Höhe tun sollte. Tatsächlich sei es dort aber viel weniger, während andere Länder wie Luxemburg, Belgien und die Schweiz deutlich mehr einzahlen würden.

"Das ist ein Markt, der in den kommenden Jahren durch die Decke geht, und es ist schade, wenn wir nicht dabei sind", sagt Grebner, dessen Unternehmen unter anderem für die Vega-Raketen der Esa Komponenten liefert und erst kürzlich einen mit 1,7 Millionen Euro dotierten Vorentwicklungsauftrag für ein neues Röntgenobservatorium der Esa erhielt.

Der Sprecher der heimischen Weltraumbranche, die nach seinen Angaben etwa 100 Firmen mit rund 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umfasst, verweist darauf, dass die Unternehmen aus den jeweiligen Mitgliedsstaaten Aufträge in jener Höhe erhalten, die ihr Land in die Wahlprogramme eingezahlt hat.

Veränderung aus dem All begreifen

"Dadurch werden wirtschaftliche Wertschöpfung im jeweiligen Land generiert, Arbeitsplätze geschaffen und der Grundstein für zukünftige und zusätzliche Aufträge für das jeweilige Unternehmen gelegt", so Grebner. "Sie können als Unternehmen alles richtig gemacht haben, Bestbieter für Ihr Produkt sein, aber wenn Ihre Nation nicht hinter Ihnen steht und einzahlt, dann bekommen Sie den Auftrag nicht, sondern irgendjemand anderes in Europa – so einfach ist das."

Im neuen Bundesbudget ist eine Erhöhung der Mittel für die Wahlprogramme um zehn Millionen Euro pro Jahr für 2023–26 vorgesehen. Ob dies ausreicht, um die Unternehmen zufriedenzustellen, wird sich erst zeigen, wenn die konkreten Zahlen in Paris auf dem Tisch liegen. Fachleute verweisen allerdings darauf, dass man nicht nur von einem sehr niedrigen Niveau der österreichischen Beiträge zum Wahlprogramm ausgehe, sondern auch die hohe Inflation berücksichtigen müsse.

Gewessler betont jedenfalls die wichtige Rolle des Weltraums für nahezu alle großen Herausforderung der Zukunft. "Erst wenn wir vom All auf die Erde blicken, können wir manche Veränderungen richtig beobachten und begreifen. Die Erdbeobachtung liefert Daten, die für unseren Kampf gegen die Klimakrise unerlässlich sind – hier wollen wir als Österreich auch unseren Beitrag leisten", sagt die Klimaschutzministerin. (APA, red, 18.11.2022)