Seit Jahrzehnten kämpfen queere Menschen global für ihre Rechte. Einige Staaten verschärfen immer noch Gesetze gegen sie.
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In Russland hat sich die Situation für lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und queere Menschen massiv verschlechtert. Sie dürfen laut eines erweiterten Gesetzes nicht mehr die "traditionelle Familie" leugnen. Die "Verbreitung homosexueller Propaganda", ist nun für alle Erwachsenen verboten und wird mit hohen Geldstrafen geahndet. Der russische Präsident Wladimir Putin hat das Gesetz am 9. November unterschrieben. Im Westen hat das für nur geringes Echo gesorgt – bei Politkern und bei Medien. Die Rechte einer Bevölkerungsgruppe, die seit Jahrzehnten für mehr Akzeptanz auf die Straße geht, werden immer stärker aberkannt. Vor allem Länder, die sich Gleichstellung auf die Fahnen heften, sollten sich in Zeiten der Fußball-WM in Katar gegen diese Tendenzen stemmen.

Viele Schritte zurück

Denn nicht nur in Russland verschlimmert sich die gesetzliche Lage für queere Menschen. Seit 2021 ist in Ungarn öffentliche Aufklärung von Kindern über Homosexualität verboten. Werbung mit homosexuellen Inhalten wird bestraft. In der slowakischen Hauptstadt Bratislava erschoss im Oktober ein mutmaßlich rechtsextremer Täter in einer queeren Bar zwei Menschen. In den USA war 2022 ein Rekordjahr gemessen an der Zahl der Anti-LGBTQ-Gesetze. 21 Maßnahmen richten sich vor allem gegen die trans* Jugend. So sollen in manchen Bundesstaaten trans* Mädchen nicht am Sportunterricht für Frauen teilnehmen dürfen. Ihre medizinische Versorgung wird mancherorts eingeschränkt. Auch in Ghana, einst ein sicherer Staat für die LGBTQ-Community, droht ein Gesetz gegen Homosexualität in Kraft zu treten. Jetzt sind die EU und die Vereinten Nationen gefragt, sich klar zu positionieren. Das sollte bei der Verurteilung solcher Tendenzen beginnen, und bis zur Förderung von Vereinen und Subventionen für LGBTQ-Bücherverlage gehen.

Auch in Österreich gibt es noch einiges zu tun: Soho, eine NGO für LGBTQ-Rechte, hat im Vorjahr Hassverbrechen gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung untersucht. Dabei hat sie festgestellt, dass sich die Zahl der Verbrechen verdoppelt hat. Für die gesamte EU beobachtete der Verein ILGA Europe deutlich gestiegene Gewalt- und Morddrohungen im Internet gegen die Gemeinschaft. Zwar gibt es in Österreich seit 2021 mit dem Gesetzespaket "Hass im Netz" härtere Strafmaßnahmen gegen Hasspostings. Was die Diskriminierung von homosexuellen und queeren Menschen im realen Leben betrifft, gibt es aber immer noch Lücken im Gesetz.

Mehr tun als in Regenbogenfarben leuchten

Gerade jetzt, zum Start der Fußball-WM in Katar, sollte die internationale Gemeinschaft ein starkes Zeichen setzen und queere Initiativen unterstützen. Dass im Juni noch Fußballstadien in Regenbogenfarben beleuchtet wurden und Promifußballer bunte Bandagen auf den Ärmeln trugen, wirkt in diesem Zusammenhang fast zynisch. Jedenfalls hilft eine Symbolpolitik auf Dauer niemandem. Dass die Fifa der dänischen Nationalmannschaft nicht erlaubte, T-Shirts mit der Aufschrift "Menschenrechte für Alle" zu tragen, bestärkt LGBTQ-Gegner in ihrer diskriminierenden Haltung. Dass WM-Funktionären allen Menschen versichern, sie könnten sicher nach Katar reisen, obwohl klar ist, dass Homosexuelle in Gefängnissen landen können, ist fahrlässig.

Die Welt bewegt sich wieder rückwärts, wenn es um die Rechte von Menschen der LGBTQ-Community geht. Diejenigen, die Entscheidungen treffen und durchsetzen könnten, müssen jetzt handeln. Denn sie tragen die Verantwortung für die Menschenrechte aller Mitbürger. (Melanie Raidl, 19.11.2022)