Herbert Prohaska und Christoph Grissemann in "Seitenwechsel".

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Wien – Im "großen Swingerklub ORF macht er es am liebsten mit Rainer Pariasek, aber heute darf ich seine süße Braut sein". Wenn Christoph Grissemann auf seinen "Ersatz-Stermann" Herbert Prohaska trifft, fliegen die Wuchteln tief. Im Format "Seitenwechsel" (Sonntag in ORF 1) verbindet der ORF das Beste aus beiden Welten, um es wie Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu formulieren, als er die Koalition mit den Grünen einging. Nur mit Politik hat "Seitenwechsel" wenig zu tun. Und es ist wesentlich unterhaltsamer. Hier trifft Kultur auf Sport – und Sport trifft auf Kultur.

Amüsantes aus der Vergangenheit

Während Grissemanns Fußballhorizont bereits beim Verstehen der Abseitsregel endet, könnte man Herbert Prohaska als den Künstler unter den Fußballern bezeichnen. Als aktiver Kicker war er das mit seiner Eleganz sowieso, aber auch jetzt zeugen seine Freizeitaktivitäten davon: Museumsbesuche im Urlaub, wenn es denn dort eines gibt, und Tennisspiel mit Ex-Staatsoperndirektor Ioan Holender, wie Grissemann aufzählte. Aber ein Prohaska hat natürlich mehr im künstlerischen Repertoire als das Interesse an Museen und für Tennispartner. So erinnerte "Seitenwechsel" etwa an das Duett des Opernliebhabers mit Hans Krankl, als die beiden Fußballer im Jahr 1990 den Schlager "Der Opitz und der Zwirschina" singen sollten. Zum eigenen Gaudium und dem des Publikums.

lobhudler

Hinteregger und Straßer

Bei "Seitenwechsel" waren jeweils ein Überraschungsgast aus der Welt des Sports und aus der der Kultur mit von der Partie. Martin Hinteregger und Katharina Straßer. Hinteregger beendete seine Profikarriere bekanntlich im Alter von nur 29 Jahren am Höhepunkt, nachdem er mit Eintracht Frankfurt die Europa League gewonnen hatte. Ein Comeback bei den Profis schloss er aus: "Der Druck und die mediale Präsenz im Profisport werden immer mehr." Den Spaß am Fußball hat er aber längst wiedergefunden. Es sei ihm mehr als vergönnt. Er kickt mit seinen Freuden in der fünften Liga in seinem Heimatdorf Sirnitz.

Vom Druck und den Ventilen eines Profis

Fad wird Hinteregger aber auch abseits des Profifußballs nicht. Dafür hat er bereits Vorsorge getroffen. Er betreibt ein Hubschrauberunternehmen mit Thomas Morgenstern, ein Restaurant in Frankfurt und ist Präsident der Wiener Viktoria, wo Toni Polster als Trainer werkt. In der Kantine des Regionalligisten geht es sicher lustig zu. "Alkoholeskapaden hatte jeder, die anderen haben es halt schlauer gemacht als ich", sagte Hinteregger. Schlau gemacht dürfte er dennoch vieles haben. Sportlich und finanziell. "Wenn ich mich nicht ganz blöd anstelle, habe ich ausgesorgt", so Hinteregger.

Brechen und aufbauen

Demut und Demütigungen sind in der Schauspielszene weitverbreitet, erzählt Schauspielerin, Sängerin und Kabarettistin Katharina Straßer von Regisseuren, "die einen anbrüllen". Nach dem Motto: "Man müsse einen zuerst brechen und dann wieder aufbauen." Von solchen Praktiken hält sie nichts: "Ich kann mich in Harmonie sehr gut entfalten, aber nicht in Unsicherheit. Wenn du mich fertigmachst, gehe ich nach Hause und komme nicht mehr."

Torwandspucken

Amüsant wird es, wenn Prohaska und Hinteregger eine Szene aus "Sissi" nachspielen oder wenn es um prägende WM-Momente wie die Schande von Gijon im Jahr 1982 geht, als ein Nichtangriffspakt Österreich und Deutschland den Weg in die nächste Runde ebnete. Für seinen Jubel nach dem Schlusspfiff schäme er sich heute noch, sagt Prohaska, und man glaubt es ihm auch. Ein Höhepunkt der amüsanten, aber ungustiöseren Art ist ein Spiel namens Torwandspucken. Ein Schlatz ins Glück – wie die gesamte Sendung. Das Pech dabei: Vorerst ist nur eine Folge geplant, Potenzial für mehr wäre da. (Oliver Mark, 20.11.2022)