Thomas Gottschalk moderiert kommenden Samstag um 20.15 Uhr wieder "Wetten, dass...?" in ORF und ZDF.
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LUST

Die ersten und wichtigsten Fragen am Samstagabend werden natürlich sein: Was trägt Thomas Gottschalk diesmal? Und hat er die Haare schön?

Weil: Es soll, für ein paar Stunden wenigstens, wieder so sein wie früher. Chips in der Bleikristallschüssel, dazu irgendein zuckerhaltiges Getränk, Augen zu und durch. Als Kind, auch noch als älteres, fand ich die Sendung faszinierend, und ja, das hatte auch mit Thomas Gottschalk zu tun. Dieses Selbstbewusstsein! Der kannte jeden und wusste alles.

Waschmaschinenpyramide

Der Begriff "Altherrenwitz" sagte mir damals noch nichts, was sich aber rasch änderte und fast zum Bruch geführt hätte. Aber da waren ja noch die Wetten. Einmal stapelten fünf Männer 55 Waschmaschinen zu einer Pyramide. Ein andermal quetschten sich fünf Leute mit ihren Instrumenten in eine Telefonzelle und spielten I Will Survive.

Diese Ideen musste man erst einmal haben – und dann noch den Mut, damit ins Fernsehen zu gehen. Ich fieberte mit vielen dieser Helden und Heldinnen mit, erst recht, wenn es Kinder waren. Schon klar, auch manche Wetten ließen irgendwann zu wünschen übrig. Mais in den Nasenlöchern und Katzenfutter zwischen den Zehen, das brauchte keiner.

Aber da war Wetten, dass..? schon längst zu einer bequem-wohligen Gewohnheitsberieselung geworden. Als Gottschalk aufhörte, endete eine Ära. Es war schade und gut zugleich. Die Fernsehwelt drehte sich weiter, Neues und Besseres kam und ging auch wieder. Trotzdem: Wenn er jetzt wiederkommt, bin ich natürlich dabei. Hoffentlich stellt sich das Gefühl von damals wieder ein. Nostalgie darf sein. (Birgit Baumann, 19.11.2022)

FRUST

An das erste Wetten, dass..? erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen. 14. Februar 1981, Europahymne, Frank Elstner begrüßte das Publikum. Ein Kandidat blies eine Wärmeflasche auf und brachte sie zum Platzen. Boah! Elsner überzog 43 Minuten. Das durfte nur Wetten, dass..?, Gigant der Fernsehunterhaltung. Wir fühlten uns gut unterhalten.

Freche Sprüche

1987 übernahm Thomas Gottschalk. Der Lange mit dem schrillen Outfit und den frechen Sprüchen. "Die Oberweite von Sophia Loren trägst du um die Hüfte", sagte er zu einem etwas beleibteren Kandidaten. Ich lachte. Er fragte, ob "Chinesen lustige Menschen" seien und ob "die Italiener auch recyceln? Ich dachte, die schmeißen alles aus dem Fenster?" Ich lachte. Zu Schauspielerin Inge Meysel sagte er: "Andere Frauen, auch in relativ jungen Jahren, lassen ja heute schon an sich herumbasteln. Ich glaub, bei Ihnen ist bis auf die Zähne noch alles echt." Ich lachte. Ein Mann wettete, dass er 25 BHs mit handelsüblichen Essstäbchen öffnen könne. Das war 2009. Ich lachte nicht mehr.

Die Zeiten haben sich geändert, Humor geht anders. Was früher lustig war, wirkt heute ranzig und albern. Sicher, ein gewisses Publikum bringt Gottschalk mit seinem sexistischen und rassistischen Schmäh zum Brüllen wie eh und je. Dass er damit das Klischee vom alten weißen Mann erfüllt, ist eine Lektion im Fremdschämen. Wer das nicht glaubt, schaue sich das Comeback – ja, es gab bereits eines – von 2021 an.

Michael Bublé riet seinen Kollegen, vor Wetten, dass..? einen Joint zu rauchen, um die Sache besser durchzustehen. Das soll keine Empfehlung sein. Aber eine Überlegung ist es wert. (Doris Priesching, 19.11.2022)