2024 wird der Bau von Einfamilienhäusern in Österreich stark zurückgehen, erwartet Experte Wolfgang Amann.

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Der seit einigen Jahren anhaltende Bauboom in Österreich ist nun definitiv vorbei. Beim Wifo rechnet man für heuer mit einer Stagnation bei den Fertigstellungen, 2023 dürfte es dann einen Rückgang um zwei bis drei Prozent geben. Als Gründe dafür nennt Wifo-Ökonom Michael Klien die Inflation, die höheren Baukosten, Lieferprobleme, aber – vor allem beim privaten Wohnbau – auch die neuen, strengeren Kreditvergaberichtlinien.

Ganz besonders treffen dürfte es die in Österreich sehr beliebte Wohnform des Einfamilienhauses. Seit Corona erlebt dieses Segment, ausgehend von schon seit Jahren hohen Fertigstellungszahlen, einen neuerlichen Höhenflug. Der Wohnbauforscher Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen rechnet für das kommende Jahr zwar noch einmal mit fast 20.000 neuen Ein- und Zweifamilienhäusern in Österreich, weil diese Bauprojekte von den veränderten Gegebenheiten noch nicht so getroffen wurden.

"Massiver Einbruch"

Ab 2024 wird es laut Amann aber zu einem "massiven Einbruch" um 25 bis 30 Prozent bei der Fertigstellung von Einfamilienhäusern kommen. Das führt er vor allem auf die seit 1. August für Banken geltenden strengeren Regeln bei der Vergabe von Wohnkrediten zurück. Durch die Verschärfung der Richtlinien durch die Finanzmarktaufsicht (FMA) ist es deutlich schwieriger geworden, an Kredite für Wohnimmobilien heranzukommen.

Für den Erwerb einer Immobilie muss der Käufer nun 20 Prozent des Kaufpreises (inklusive Nebenkosten) in Form von Eigenkapital nachweisen können, die monatliche Kreditrate darf höchstens 40 Prozent des monatlich verfügbaren Nettohaushaltseinkommens ausmachen und die Laufzeit der Finanzierung 35 Jahre nicht übersteigen. Insgesamt dürfen bei einem Kreditinstitut maximal 20 Prozent aller Kredite eine der Obergrenzen überschreiten.

Baukosten bleiben hoch

Amann rechnet aber damit, dass der Regelung vom Finanzministerium, das eine Überprüfung bereits angekündigt hat, noch "ein paar Giftzähne" gezogen werden, große Kritik gibt es beispielsweise daran, dass auch Zwischenfinanzierungen davon betroffen sind. Die Kosten für den Hausbau dürften aber hoch bleiben: Ab dem Jahreswechsel werden die Personalkosten in die Höhe gehen, "in Kombination mit den hohen Materialkosten werden die Baukosten also noch einmal leicht steigen", sagt der Wohnbauforscher.

Auch laut einer Analyse der Unicredit Bank Austria wird sich die Zahl der Fertigstellungen heuer noch auf dem hohen Niveau der Vorjahre halten, denn die Zahl an Baubewilligungen sei Ende 2021 noch auf einem hohen Niveau gelegen – trotz der Rückgänge in den vergangenen zwei Jahren von durchschnittlich acht Prozent jährlich. Angetrieben vom hohen Nachfrageüberhang, den massiven Preiszuwächsen in vielen Segmenten und den sehr günstigen Finanzierungsbedingungen seien hierzulande von 2011 bis 2019 durchschnittlich 61.000 neue Wohnungen pro Jahr errichtet worden. In den 30 Jahren davor seien es 47.000 Einheiten pro Jahr gewesen.

Auch im ersten Corona-Jahr 2020 ging der Markt für Wohnbau den Angaben zufolge nur kurzfristig zurück, "was vor dem Hintergrund der stärksten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten ein bemerkenswertes Ergebnis war". 2021 dürfte die Wohnungsproduktion mit rund 75.000 Einheiten ihren bisherigen Rekordwert erreicht haben, heißt es in der Marktanalyse. Aufgrund der noch fehlenden Daten könnten die Fertigstellungen jedoch nur anhand der hohen Baubewilligungszahlen der vergangenen Jahre und der Entwicklung des Bauproduktionswerts geschätzt werden.

Starker Rückgang der Bewilligungen

Bei den Bewilligungen meldete Wohnbauforscher Wolfgang Amann schon im Oktober einen starken Rückgang für 2022: Heuer dürften demnach nur noch 62.000 Wohneinheiten baubewilligt werden. 2019 gab es den historischen Höchstwert von 85.000 Wohneinheiten, danach ging es auf 78.000 (2020) und 73.000 (2021) bergab.

Die zeitliche Verzögerung von mehreren Jahren zwischen Baubewilligungen und Fertigstellungen bringt es naturgemäß mit sich, dass es im Jahr 2021 laut Statistik Austria einen Fertigstellungsrekord von knapp 71.200 Wohneinheiten gab. Das waren so viele wie seit Beginn der 1980er-Jahre nicht mehr. Die Differenz zu den von der Unicredit genannten 75.000 hat damit zu tun, dass in den Zahlen der Statistik Austria keine Wiener Dachgeschoßausbauten inkludiert sind, weil die Stadt sie derzeit noch nicht meldet (was sich im kommenden Jahr, wie berichtet, ändern sollte). Amann geht für 2021 sogar von mehr als 77.000 fertiggestellten Wohneinheiten aus.

Laut den Daten der Statistik Austria machten die Auf-, Um- und Zubauten an bestehenden Gebäuden in den restlichen acht Bundesländern immerhin 18 Prozent aller Fertigstellungen aus. Generell dominierte der mehrgeschoßige Wohnbau die Bautätigkeit, 58 Prozent aller Fertigstellungen fielen in diese Kategorie. Die meisten Wohnungen wurden 2021 mit 16.528 in Wien errichtet, wie erwähnt gerechnet noch ohne Dachgeschoßausbauten. Dahinter folgten Oberösterreich mit 13.267 Einheiten, Niederösterreich (11.863), die Steiermark (10.986), Tirol (6.857), Salzburg (3.711), Vorarlberg (2.982), Kärnten (2.888) und das Burgenland (2.081). (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 21.11.2022)