Ukraine-Krieg. Exorbitante Inflation. Energiekrise. Migration. (ÖVP-)Korruption.

Bis auf das letzte Thema hat die SPÖ in den letzten Wochen und Monaten keine erkennbaren und vor allem publizistisch wirksamen Aktivitäten entfaltet. Selbstverständlich gibt es (in größeren Abständen) Pressekonferenzen der Parteiführung und auch scharfe Debattenbeiträge im Parlament. Aber es liegt kein wirklich konzeptives und auch taktisch wirksames Gewicht dahinter. Es sieht nicht so aus, als würde sich die SPÖ auf die Übernahme der Regierungsverantwortung vorbereiten.

Was wurde eigentlich aus der Sozialdemokratischen Partei Österreichs?

Die schwarz-grüne Regierung stolpert so vor sich hin. Eine Mehrheit der Österreicher hätte laut einer Umfrage lieber wieder eine Expertenregierung. Die ÖVP hat sich in Korruption und Inkompetenz verstrickt und kommt unter Karl Nehammer da auch nicht wieder heraus. Fairerweise muss man sagen, dass sich die Regierung in Ansätzen durchaus bemüht, mit den akuten Problemen irgendwie fertigzuwerden – siehe Übergewinnsteuer oder diverse Zahlungen zum Teuerungsausgleich –, aber dann geht die ÖVP wieder her und zettelt eine Migrationsdebatte an, die keine echte Lösung bringt und andererseits nur der FPÖ in die Hände arbeitet.

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Was aber kommt von der SPÖ zur Migration? So gut wie nichts, mit Ausnahme des Plans, die Staatsbürgerschaft für hier geborene oder schon lange hier lebende Zuwanderer zu erleichtern. Aber dieser Plan kommt von der Wiener SPÖ, nicht von der Bundespartei.

Problemfelder

Was eine kraftvolle Oppositionspartei, die die Kanzlerschaft erringen will, tun müsste: für die wichtigsten Problemfelder der Gegenwart schlüssige, knappe Konzepte zu erstellen, die durchaus auch gegen den Strich der "vorherrschenden Meinung" gebürstet sein können. Das geht sogar bei der Migration. Zuwanderung, Asyl, Migration sind echte Themen, emotional und auch in sachlicher Hinsicht schwer belastet. Aber eine staatstragende Partei wie die SPÖ muss den Mut haben, das strukturell und vor allem lebensnahe anzugehen. Man kann Leute echt überzeugen, wenn man weiß, was man will.

Warum klappt das nicht bei der SPÖ? Pamela Rendi-Wagner wird von anderen Granden der SPÖ eher behindert als unterstützt. Sie ist zäh, aber versäumt sehr oft den Augenblick, wo sie mit "vollem G’schäft" in den politischen Kampf hineingehen müsste. Nach innen wie nach außen. Sie hat es auch in den fünf Jahren ihrer Obmannschaft verabsäumt, Kompetenz um sich zu versammeln. Ein Team von Experten und möglichen Ministerinnen und Ministern aufzustellen. Ihre Absagen, wenn sie von der ZiB 2 oder anderen Medien um Auftritte gefragt wird, sind notorisch.

Das sind alles keine besonders neuen Erkenntnisse. Aber nun hat sich rein objektiv die Situation zugespitzt. Die ÖVP hat größte Schwierigkeiten, eine erfolgreiche Führungskraft darzustellen. Aber der Zuwachs der SPÖ in den Umfragen ist trügerisch, denn aus dem Hintergrund kommt die FPÖ wieder stark auf. Die Hoffnung auf eine Ablöse von Schwarz-Grün durch eine Ampel Rot-Grün-Pink wird immer dünner – und hängt davon ab, ob eine Kleinpartei wie die Bierpartei ins Parlament kommt. In der SPÖ gibt es welche, die auch mit einer ÖVP (als Juniorpartner) gehen würden. Selbst bei diesem wenig ambitionierten "Plan" bleibt offen, was die SPÖ eigentlich gestalten will. (Hans Rauscher, 18.11.2022)