In Doha geht das Gerücht um, Budweiser müsse sogar die roten Kühlschränke durch die analog zum alkoholfreien Bier blau folierte Variante ersetzen. Der verantwortliche Logistiker möchte man nicht sein.

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Hier könnte ein Kommentar über die fragwürdige Beziehung des Fußballs zu Bier und Alkoholismus stehen, über die offen zur Schau gestellte Liebe des Volkssports zu einem Nervengift und Suchtmittel, von dem in Österreich etwa 350.000 Menschen abhängig sind, und darüber, dass auch Kinder vor Spielen der Nationalmannschaft fröhlich Fahnen eines Bierproduzenten zum "Radetzkymarsch" schwenken.

Aber Katar hat mal wieder einen draufgesetzt. Das Emirat hat veranlasst, dass rund um die acht WM-Stadien nun doch kein alkoholisches Bier ausgeschenkt werden darf. In der Praxis ändert das wenig, die Fans werden im Vergleich zu den weiterhin flüssigen Fanzonen wenig Zeit am Stadionvorplatz verbringen. Doch dass die WM-Organisatoren den Fußball-Weltverband Fifa zwei Tage vor dem Eröffnungsspiel zum Vertragsbruch mit dem Bier-Hauptsponsor Budweiser zwingen, ist furchterregend.

Jetzt, wo alle Tickets verkauft, Flüge gebucht und Versprechen gemacht sind, zeigen Katars Herrscher ihren ballesterischen Komplizen der Fifa, wer der Chef ist. Die Mehrzahl des Exekutivkomitees dürfte bei der Vergabe 2010 entweder zu leichtgläubig, geldgierig oder Schlimmeres gewesen sein. Die Geister, die sie damals riefen, tanzen nach Jahren der symbiotischen Vorbereitung und gemeinsamen Propaganda nun Schwerttanz auf der Nase des düpierten Weltverbands.

Was kann man glauben?

Nach langem Gezerre hatten sich Fifa, Sponsor und Ausrichter in der Mitte geeinigt: kein alkoholhaltiges Bier in den Stadien, dafür im Umkreis der Arenen und in den abgetrennten Fanzonen. Wer den Geruch des Hopfenblütentees nicht erträgt, hätte ihn während der ganzen WM vermeiden können. Das Thema Bier sollte den konservativsten Kräften in Katar vergleichsweise weniger wichtig sein, in jeder Hotelbar findet man hier Menschen im Vollrausch. Und trotzdem halten nicht einmal diese Abmachungen.

Nicht wenige werden sich nun fragen: Was sind die anderen katarischen Versprechen wert, wenn man auf diesem Nebenschauplatz zwei Tage vor WM-Start ein solches PR-Debakel beschwört? Was ist mit den laut diversen Würdenträgern ach so willkommenen LGBTQ-Gästen? (Martin Schauhuber, 19.11.2022)