Wo sind Sie das letzte Mal picken geblieben? Im Wirtshaus? Oder doch auf der Straße oder gar im Museum? Sich irgendwo festzukleben ist aber keine Erfindung von Klimaklebern. Die Miesmuschel etwa macht das seit Jahrmillionen. Dafür hat sie sogar einen eigenen Klebstoff entwickelt, der höchst interessant für die Wissenschaft ist.
Festgepickt auf Felsen
Unternehmen wir einen Ausflug an die Cornish Coast im Südwesten von England. Wir haben dort vor einigen Jahren einen Sommerurlaub verbracht und waren fasziniert von den schroffen Felsen der Steilküste. Bei Ebbe ist es möglich, die eindrucksvolle Kulisse vom Strand aus zu begehen. Viele der Felsen, die bei Flut unter Wasser liegen, waren von Miesmuscheln (Mytilidae) bevölkert. Und zwar so dicht wie das Happel-Stadion mit Fans bei einem Rolling-Stones-Konzert.
Fäden aus Proteinkleber
Aber wie machen die das? Wieso spült der mächtige Atlantik diese Weichtiere bei Flut nicht einfach weg? Die Superkraft der Miesmuschel ist ihr Superkleber. An ihrem Fuß scheidet sie Fäden aus, die aus einem Proteinkleber bestehen. Und der hält bombenfest unter und über Wasser. Auch anderes Meeresgetier, wie Seesterne und Napfschnecken, verschafft sich mit selbst erzeugtem Uhu zumindest temporär Halt. Allen gemeinsam ist, dass die Wissenschaft das Rätsel dieser Klebstoffe entschlüsseln möchte. Die Fähigkeit, trotz feuchter Verhältnisse organische Stoffe mit anorganischen fix zu verbinden, wird zum Beispiel in der Chirurgie und in der Wundheilung hoch geschätzt.
Die härtesten Zähne der Welt
"Was liegt, das pickt", gilt übrigens für Napfschnecken nicht. Sie sind recht mobil und können ihren Superkleber selbst auflösen. Außerdem haben sie schon einen Weltrekord eingeheimst: Forschende der Universität von Portsmouth fanden heraus, dass die Beißerchen der Napfschnecken das härteste bekannte biologische Material sind. (Michael Simoner, 23.11.2022)