Krieg, Chaos auf den Energiemärkten, neue Erdgasprojekte in vielen Ländern: Die geopolitische Situation war für die Weltklimakonferenz denkbar schwierig, vielleicht so schwierig wie für keine frühere. Die wichtigste Aufgabe für die Staaten war es deshalb zu zeigen, dass sie weiterhin zum 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen stehen – und dass sie trotz der schwierigen Bedingungen bei der Drosselung der Emissionen nicht hinter die Ambition der vergangenen Jahre zurückfallen.

Das haben die Delegationen nach zähen Verhandlungen allerdings nur teilweise geschafft. So nennt der Schlusstext zwar die 1,5 Grad sowie erneuerbare Energien und will die Nutzung der Kohle "herunterfahren" und "ineffiziente" Subventionen für fossile Brennstoffe auslaufen lassen. Doch Erdöl und Erdgas blieben außen vor – erneut, wie schon im vergangenen Jahr bei der Klimakonferenz in Glasgow.

Bei der COP27 konnten bei der Emissionsminderung nur Minimalkompromisse erzielt werden.
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Warum, das spiegelt sich in einer Zahl wider: Allein während der Klimakonferenz wurden acht neue Erdgasdeals bekanntgegeben. Staaten, die ihre fossilen Reserven nutzen wollen, sperrten sich erfolgreich gegen deren Erwähnung im politisch einflussreichen Abschlussdokument. Neben den üblichen Verdächtigen wie Saudi-Arabien und Russland traten auch das Gastgeberland Ägypten und viele afrikanische Staaten, die derzeit neue Gasprojekte planen, als Blockierer auf.

Durchbruch bei Fonds für Klimaschäden

Was die Konferenz beim Klimaschutz erreichte, ist mager. Im Grunde stehen wir dort, wo wir schon nach Glasgow standen – mit Blick auf die Umbrüche, die die Welt seitdem gesehen hat, ist das zumindest ein kleiner Erfolg. Nur eben dem Ernst der Lage nicht angemessen.

Trotzdem ist die Konferenz nicht komplett gescheitert. Es gab sogar einen ziemlich beachtlichen Durchbruch: Die Entwicklungsstaaten setzten sich gegen die EU und die USA darin durch, einen eigenen Fonds für den Umgang mit Klimaschäden zu bekommen. Das ist eine Forderung, die die Inselstaaten schon seit 30 Jahren stellen – die bislang bei den Industriestaaten jedoch immer auf taube Ohren gestoßen ist.

Mit der Konferenz in Sharm el-Sheikh hat sich die Diskussion gedreht. Je weiter die Verhandlungen fortschritten, desto klarer wurde: Ohne Fonds geht nichts. Das erkannte auch die EU und machte einen eigenen Vorschlag: Das Geld dürfe nicht an alle Entwicklungsstaaten gehen, sondern nur an die "verwundbarsten". Das heißt: nicht an Länder wie China oder Saudi-Arabien, die laut der UN-Klimarahmenkonvention beide als Entwicklungsstaaten gelten – und die diesen Status auch behalten wollen. Denn geben sie ihn auf, könnten sie ebenfalls zur Kasse gebeten werden. Die EU fordert genau das – was bei der Gegenseite auf wenig Euphorie stößt.

Der letztlich erzielte Kompromiss bei den Klimaschäden ist ausreichend vage, damit beide Seiten zustimmen konnten. Im kommenden Jahr soll der neue Fonds aufgesetzt werden.

Für viele Staaten war das ein wichtiger Durchbruch bei der Frage, wer die Verantwortung für die Schäden und Verluste übernimmt. Damit die Folgen der Erderhitzung aber nicht noch viel schlimmer werden, muss es jetzt wieder um das Thema gehen, das traditionell im Zentrum von Klimakonferenzen steht: um den Klimaschutz selbst. In diesem Punkt hat Sharm el-Sheikh versagt. (Alicia Prager, 20.11.2022)