Die Arbeitgeber sehen die Gewerkschaft am Zug.

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Wien – Die Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag (KV) für die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner liegen vorerst auf Eis. Die Arbeitgeberseite hat die Verhandlungen in der vierten Runde unterbrochen, wie der WKO-Fachverband der Schienenbahnen am Sonntagabend mitteilte. "Wir kommen nicht mehr weiter und reden gegen eine Wand", erklärte Chefverhandler Thomas Scheiber. "Wir haben den letzten Cent in unserer Geldtasche ausgegeben. Ein Mehr an finanzieller Belastung ist für die Arbeitgeber nicht mehr möglich", legte er im Ö1-"Morgenjournal" am Montag nach.

Für die Gewerkschaft lehnt die stellvertretende Vida-Chefin Olivia Janisch das Paket der Arbeitgeber ab. Einmalzahlungen abseits des Kollektivvertrags kämen nicht infrage, zudem bleibe die Forderung nach mindestens 400 Euro plus aufrecht. "Wir haben heuer ganz bewusst einen Fixbetrag gefordert, weil wir die unteren und mittleren Einkommen stützen müssen. Es darf insbesondere bei diesen Einkommen zu keinem Reallohnverlust kommen. Dazu waren die Arbeitgeber leider nicht bereit. Außerdem wurde die Produktivität zu keinem Zeitpunkt der Verhandlungen berücksichtigt", sagte Janisch zu Ö1.

Beide Seiten weiter verhandlungsbereit

Die Arbeitnehmer seien weiter verhandlungsbereit, versichert die Gewerkschafterin, man rüste sich aber auch für Aktionen, Streiks nicht ausgeschlossen. "Vor dem Hintergrund dieses Angebots Streikszenarien in den Raum zu stellen ist maßlos und unverantwortlich", konterte Scheiber. "Die Gewerkschaft hat den Boden der Realität komplett verlassen. Ein Plus von bis zu 24 Prozent auf die Gehälter und damit insgesamt mehr als 400 Millionen Euro ist für die Unternehmen unfinanzierbar, und damit werden Arbeitsplätze gefährdet", erklärte der Fachverbandsobmann.

Der Fachverband empfiehlt seinen mehr als 65 Mitgliedsunternehmen, darunter die ÖBB und die Westbahn, nun die Gehälter "auf freiwilliger Basis und unter Anrechnung künftiger KV-Erhöhungen, die Löhne und Gehälter vorab mit 1. Dezember 2022 befristet auf zwölf Monate um 200 Euro pro Monat, mindestens aber um 7,5 Prozent zu erhöhen". Die Einmalzahlung von 1000 Euro wird geteilt, 500 Euro gibt es im Dezember, die zweite Hälfte im April.

Die Arbeitgeberseite betonte, weiter verhandlungsbereit zu sein, und hofft auf einen Sinneswandel der Vida. (APA, red, 20.11.2022)