Ein Beispiel aus Granada: Viele Spanier setzen neuerdings auf das Heizen mit Holz.

Foto: Jan Marot

Spät, aber doch hat auch im sonnigen Südspanien die Heizsaison begonnen. Zwar wärmt die andalusische Nachmittagssonne noch, doch nachts und morgens ist es in Granada bereits bitterkalt.

Geheizt wird meist mit Strom, Gas, Öl, den Wärmepumpen von Klimaanlagen, Elektroheizungen, bis zum "brasero" unter einem Tisch mit dicker Decke gestellt, in den man dereinst noch glühende Kohlen legte. Doch mit dem rasanten Anstieg der Energie- und Lebenshaltungskosten nach dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar und drohenden Engpässen oder gar Versorgungsausfällen bei Erdgas entschieden sich viele Spanier zum Umsatteln in Sachen Heizen. Und zwar auf Brennholz, Pellets, Briketts und andere Biomasse – etwa Olivenkerne, die einen ähnlichen Brennwert wie Pellets aufweisen.

Hochkonjunktur bei Kaminbauern

Kamin- und Ofenbauer haben heuer ein Jahr der Hochkonjunktur. "Der Bedarf an Holzöfen wird heuer um etwa 40 Prozent über dem des Vorjahres liegen", sagt der Präsident des Verbands der Ofen-, Kamin- und Küchenbauer Carlos Oliván zu El País: "Allein im September und Oktober lag der Verkauf bei über dem Doppelten im Vergleich zu einem normalen Jahr." Bis Juni betrug das Plus immerhin über ein Drittel verglichen mit 2021.

Beim Kaminbauer Habitissimo freut man sich über knapp 50 Prozent mehr Installationsaufträge, und die Baumarktkette Leroy Merlin hat seit September ebenso ungefähr 55 Prozent mehr Holz- und Pellets-Öfen verkauft.

Zugleich werden offene Kaminfeuerstellen – die in vielen andalusischen Häusern bisher meist nur noch als dekoratives Element dienten – häufig verglast, was die Energieeffizienz auf bis zu 80 Prozent steigert und den Ausstoß von Schadstoffen erheblich verringert. Dies ist bei Neubauten und -installationen Pflicht. Oder man stellt einen Holzofen hinein. Das Knistern des lodernden Olivenholzes ist dann zwar leiser, dafür ist der Wohnraum wohlig wärmer.

Brennholzbestände werden knapp

Schon Ende August waren vielerorts die Brennholzlagerbestände erschöpft. Händler sahen sich gezwungen, "Ausverkauft"-Schilder aufzuhängen – wie es auch in Österreich schon früher im Jahr zu beobachten war. Die Trockenzeit von Oliven- und Steineichenholz beträgt zwar zwei Jahre, doch wird mancherorts inzwischen auch frisch geschnittenes Holz verkauft. Aus dem Sektor heißt es, man komme mit den Beständen über den Winter. Nur wenn dieser außerordentlich lange dauern würde, könne es knapp werden.

Kostete 2021 Brennholz – abhängig von der Provinz, in der es verkauft wurde – zwischen 17 und 18 Cent pro Kilo, sind es aktuell knapp 21 Cent. Noch weitaus deutlicher stieg der Pellets-Preis, und zwar von 30 auf über 50 Cent pro Kilo (plus 67 Prozent). Dennoch, wer mit Holz und Co seine Wohnung heizt, hält seine Kosten heuer vergleichsweise im Rahmen: Um bis zu 75 Prozent kommt es in der aktuellen Energiekrise billiger verglichen mit Strom, Gas oder Öl.

Niedrigere Steuern auf Holz

Um Preisanstiege abzumildern, beschloss die spanische Linksregierung bereits Anfang September, die Mehrwertsteuer auf Brennholz, Pellets und Briketts auf den stark reduzierten Satz von fünf Prozent zu senken – statt der bisherigen 21 Prozent. Das Gesetz ist vorerst bis Jahresende in Kraft.

Zuschüsse gibt es aber auch in anderen Bereichen: Die Regierung beschloss Mitte Oktober, Haushalte mit Zentralheizungen zu subventionieren, die meist mit Gas betrieben werden. Drei Milliarden Euro sollen bis Ende 2023 dazu dienen, ihre massiv gestiegenen Heizkosten um 40 Prozent zu senken. Gefördert werden auch die Installation von Solaranlagen für den Eigen- oder Gemeinschaftskonsum und die energieeffiziente Renovierung.

Finanziert mit Übergewinnsteuer

Finanziert werden sollen die sozialen Maßnahmen der Linksregierung auch über Übergewinnsteuern auf Energie- und Petrochemie-Konzerne, die mit Anfang 2023 in Kraft treten werden. Ebenso kommt eine neue Steuer auf die Zins- und Gebührenerträge der Großbanken zum Einsatz – eine Maßnahme, die die Europäische Zentralbank als "mögliches Risiko für die finanzielle Stabilität Spaniens in Krisenzeiten" in einem Bericht kritisierte.

Einnahmenseitig erwartet man sich knapp vier Milliarden Euro – und der sozialistische Premier Pedro Sánchez pocht seit Monaten auch auf EU-Ebene auf Umsetzung. Doch erst Ende der Vorwoche erzielte die Minderheitsregierung nach langen Verhandlungen einen Kompromiss für die parlamentarische Absegnung und den Rückhalt der baskisch-nationalistischen Partei.

Demnach werden die Stromgiganten Endesa, Iberdrola und Naturgy weit weniger zur Kasse gebeten werden, berichtet die Wirtschaftszeitung Cinco Días. Weil ihre Umsätze am regulierten Markt von den besteuerten 1,2 Prozent des Jahresnettoumsatzes ausgenommen sind, werden bei Endesa beispielsweise lediglich circa 80 Millionen Euro fällig werden. Der Konzern fürchtete ursprünglich, knapp 800 Millionen Euro bezahlen zu müssen – und hat, wie Iberdrola auch, eine heftige Kampagne gegen das Gesetz geführt. (22.11.2022, Jan Marot)