Es ist eine zynische Gesetzesregelung: Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, also mit kognitiven Beeinträchtigungen, dürfen in Österreich längstens zehn Jahre eine Schule besuchen. Danach müssen sie um einen Platz betteln, der oft nicht genehmigt wird. Dann ist Schluss.

Nicht das Kind muss zur Schule passen, sondern die Schule für das Kind.
Foto: APA/dpa/Philipp von Ditfurth

Nun erhöht eine Elterninitiative auch mit einer Klage gegen die Republik den Druck, in der Hoffnung, dass endlich auch Kinder, die nicht einer fiktiven "Norm" entsprechen, so viel Bildung bekommen können, wie sie möchten und brauchen.

Das vermeintliche "Normkind" ist überhaupt eines der größten Probleme im österreichischen Bildungssystem. Das zeigt sich in der Illusion "homogener" Klassenverbände, mit der das differenzierte Schulsystem – in Wirklichkeit ein Euphemismus: Es muss hochgradig sozial selektierend heißen – verteidigt wird, oder eben dem vorsätzlichen Ausschluss von Kindern mit Behinderung von dem, was ein unverhandelbares, existenzielles Menschenrecht ist.

Bildung darf niemandem vorenthalten werden. Nicht das Kind muss zur Schule passen, sondern die Schule für das Kind. Zumal man weiß, dass diesen Kindern ein, zwei Schuljahre mehr genau jene Zeit zum Wachsen, Reifen und sich Entwickeln geben, die ihnen später ein möglichst selbstständiges Leben ermöglichen würde. Eine Regelung, die einer Gruppe von Kindern den Schulbesuch verweigert, ist menschenfeindlich. (Lisa Nimmervoll, 22.11.2022)