Foto: Katharina Gossow

Der Ort

Ich liebe bodenständige Lokale mit Geschichte. In Berlin, wo ich wohne, gibt es keine vergleichbaren Orte wie den Rüdigerhof. Wenn ich in Wien bin, komme ich gerne hierher und erinnere mich an meine Zeit als Schauspielstudentin am Reinhardt-Seminar. Wir haben uns oft hier getroffen. Man bekommt auch noch zu späterer Stunde etwas zu essen. Besonders gut sind die Palatschinken.

Das Körperbild

Viele Leute sind sich dessen nicht bewusst, welche Überwindung es für mehrgewichtige Menschen darstellt, in der Öffentlichkeit zu essen. Man fühlt sich beobachtet, überlegt dreimal, ob man auch ein Dessert bestellen "darf", so, als sei es eigentlich verboten. Dabei kommt die Körperfülle nicht bei allen vom vielen, ungesunden Essen. Dieser Irrglaube besteht noch immer. Das macht mich wütend. Aber es tut sich mittlerweile ein bisschen etwas. Man redet offener und differenzierter über Körperformen. Trotzdem sind mehrgewichtige Menschen angreifbarer als normschlanke. Im Job habe ich das zum ersten Mal bei den Salzburger Festspielen gespürt. Einige Menschen sprachen mir das Recht ab, mit meiner Körperform die Rolle der Buhlschaft zu spielen. Mir wurde erst im Nachhinein bewusst, wie übergriffig und problematisch manche Kommentare waren. Leider wiederholt sich das bei anderen Körpermerkmalen, wie man zuletzt bei der kahlgeschorenen Buhlschaft gesehen hat.

Die Tradition

Glücksmomente beim Essen erlebe ich, wenn ich bei meiner Familie zu Besuch bin. Auf die Frage meiner Mutter, was sie kochen soll, antworte ich jedes Mal: Rösti. Es schmeckt köstlich! Aber schon alleine ihr dabei zuzusehen, wie gekonnt sie die Rösti in der Pfanne umdreht, macht mich glücklich. Mir ist auch wichtig, Weihnachten mit meiner Familie zu verbringen. Da gibt’s aber keine Rösti, sondern Raclette. Ich finde es schön, dass bei dem Gericht niemand in der Küche stehen muss.

Das Menü

Ich koche gerne vegetarisch. Spinat-Schafkäse-Strudel und Linsencurry gelingen mir ganz gut. Für mich allein mach ich das selten. Außerdem fehlen mir oft Zeit und Geduld zum Kochen. In meinem Berufsalltag ist die Nahrungsaufnahme leider oft mit Zweckmäßigkeit verbunden. Dreharbeiten sind ziemlich anstrengend. Wenn dann auch noch das Essen nicht schmeckt, ist die Stimmung im Keller. Das Catering spielt also eine wichtige Rolle bei Filmproduktionen. (Michael Steingruber, RONDO Exklusiv, 5.12.2022)