Lange wurde an der Reform gearbeitet, jetzt soll sie beschlossen werden.

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Berlin – Nach tagelangem Ringen haben sich die deutsche Ampelkoalition und die oppositionelle Union auf das geplante Bürgergeld verständigt. Beide Seiten erzielten in den Streitfragen zu der geplanten Sozialreform Kompromisse, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Koalitionskreisen in Berlin. Das Bürgergeld soll mit 1. Jänner 2023 die heutigen Hartz-IV-Leistungen ablösen.

Zwist mit Union

Die Union hatte darauf gepocht, dass es mehr Sanktionen für Empfängerinnen und Empfänger gibt als ursprünglich geplant. Solche Leistungsminderungen sollen greifen, wenn Arbeitslose sich zum Beispiel nicht für einen Job bewerben, obwohl dies mit dem Jobcenter vereinbart war. Die Ampel hatte eine "Vertrauenszeit" von sechs Monaten vorgesehen, in denen es diese Sanktionen nicht geben sollte.

"Die Koalition war sehr schnell und – zu meiner Überraschung – sehr weitgehend bereit, hier Kompromisse zu machen", sagte Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) zu den Verhandlungen. Die "Vertrauenszeit" sei nun vollständig gestrichen.

Zudem forderten CDU und CSU, dass Betroffene weniger eigenes Vermögen behalten dürfen, wenn sie die staatliche Leistung erhalten. Die Ampel hatte ein Schonvermögen von 60.000 Euro vorgesehen, der Kompromiss sieht nun eine Verringerung auf 40.000 Euro vor. Die sogenannte Karenzzeit beim Schonvermögen wie auch die Prüfung der Angemessenheit der Wohnung soll nun nur noch zwölf statt 24 Monate betragen.

Beschluss bis Freitag geplant

SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast sprach von einem "tragfähigen Kompromiss im Sinne der Sache". Er erlaube weiter einen "Kulturwandel" gegenüber dem Hartz-IV-System. Es gehe darum, Menschen im Bürgergeld besser und dauerhafter zu qualifizieren und in langfristige Jobs zu bringen. Dass der sogenannte Vermittlungsvorrang – also die Pflicht zur Annahme eines Jobs – abgeschafft werde, sei einer der ganz wichtigen Punkte.

Die FDP hatte Grüne und SPD zuvor zu Kompromissen aufgefordert. Auch "noch attraktivere Hinzuverdienstregeln" sollten dabei in den Blick kommen. Laut bisherigem Entwurf soll künftig mehr von seinem Einkommen behalten können, wer zwischen 520 und 1.000 Euro verdient.

Bereits geplant war, dass der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss am Mittwoch absegnet. Bis Freitag sollen die beiden Parlamentskammern das Bürgergeldgesetz dann beschließen. Mit 1. Jänner sollen dann die Bezüge etwa von Alleinstehenden um mehr als 50 Euro auf 502 Euro steigen. (APA, 22.11.2022)