Die Wien Energie konnte ab dem Sommer ihre Sicherheitsleistungen nicht mehr aus eigener Kraft finanzieren.

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Wien – Die ÖVP Wien hat am Dienstag ihr Team für die ab 2. Dezember vorgesehene Untersuchungskommission zur Wien Energie präsentiert und bestehende Vorwürfe bekräftigt. Die in Wien oppositionellen Parteien ÖVP und FPÖ orten einen "Finanzskandal der SPÖ", die in Wien mit den Neos regiert. Die Einsetzung der U-Kommission ist für Donnerstag geplant. Dann gehe es daran, "den größten Finanzskandal der Geschichte Wiens" aufzuklären, sagte der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer.

Die Wien Energie musste – wie andere Versorger in Europa auch – für den Börsenhandel mit Strom und Gas infolge der Preissprünge hohe Sicherheitsleistungen hinterlegen und konnte diese ab dem Sommer nicht mehr aus eigener Kraft finanzieren. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte deshalb ab Juli per Notkompetenz insgesamt 1,4 Milliarden Euro bereitgestellt. Der Liquiditätsengpass und die Notkredite des Bürgermeisters wurden Ende August publik, als auch diese 1,4 Milliarden Euro knapp wurden. Zuletzt hieß es, davon sei die Hälfte wieder zurückbezahlt, die weitere Entwicklung bleibe aber abzuwarten. In der Folge gewährte der Bund über die Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) weitere zwei Milliarden Euro, die bisher nicht ausgeschöpft wurden.

Notkompetenz soll geprüft werden

Die Ausübung der Notkompetenz durch Ludwig ist einer der Hauptpunkte, den die ÖVP untersuchen will. Mahrer sagte vor Journalistinnen und Journalisten dazu am Dienstag, dass Ludwig die Notkompetenz genutzt habe, "ohne entsprechende Gremien einzubinden oder zu informieren. Wir wollen klären, warum weder der zuständige Ausschuss noch der Gemeinderat vorab und zeitgerecht informiert wurde. Das war eine völlige Missachtung der demokratischen Gremien in Wien." Die Notkompetenz hätte aus ÖVP-Sicht nur gezogen werden dürfen, wenn es nicht möglich gewesen wäre, den Stadtsenat mit der Angelegenheit zu befassen. "Im Juli und August gab es aber zahlreiche Umlaufbeschlüsse zu anderen Themen", kritisierte Mahrer. Auch sei keine nachträgliche Genehmigung eingeholt worden. Viel wird sich also um Fragen der Stadtverfassung drehen.

Weiterer Punkt für die ÖVP ist die Wahrnehmung der Eigentümerrechte der Stadt bei ihrer Tochter Wien Energie. "Die Wien Energie ist mit Steuergeld ein gewaltiges Risiko von sechs bis zehn Milliarden Euro eingegangen – bei einem Jahresumsatz von rund drei Milliarden", so Mahrer. "Und ein endgültiges Ergebnis ist offen."

ÖVP-Fraktionsführer wird Markus Wölbitsch-Milan

Fraktionsobmann der Wiener ÖVP in der Untersuchungskommission wird Klubobmann Markus Wölbitsch-Milan. Er warf den Sozialdemokraten vor, im Vorfeld alles dafür getan zu hätten, dass so wenig wie möglich aufgeklärt werden könne, obwohl sie mit Transparenz hausieren gegangen seien. Grundsätzlich habe man als Ergebnisziel, aus dem zu lernen, was passiert ist. "Wir wollen ableiten, was man tun muss, um einerseits dafür zu sorgen, dass die Wien Energie wieder stabil und kein Insolvenzfall und die Versorgungssicherheit gegeben ist. Und die Notkompetenz ist natürlich nur für Notfälle da und nicht, um einen Finanzskandal zu vertuschen." Zu Wölbitsch gesellen sich von den Türkisen noch Manfred Juraczka, Caroline Hungerländer – sie will sich beispielsweise die Rolle der kleinen Wiener Regierungspartei Neos genauer anschauen – und Hannes Taborsky.

Die Wiener FPÖ schickt ihren Rathausklubobmann Maximilian Krauss in die gemeinderätliche Untersuchungskommission zur Wien Energie. Als kleinste Fraktion des Gemeinderats kann sie nur einen einzigen Mandatar entsenden. (APA, 22.11.2022)