Bild nicht mehr verfügbar.

50.000 Euro und mehr stecken Investoren im Schnitt in Immoprojekte.
Foto: Getty Images/Bernhard Lang

Das klingt nach einer smarten Lösung: Man hat eine Idee für ein Projekt, ein Start-up oder braucht eine neue IT-Anlage – nur das Geld fehlt. Weil die Bank bei Krediten für solche Vorhaben oft zögert, hat sich in den vergangenen Jahren eine andere Form der Finanzierung etabliert: das Crowdfunding. Schnell haben sich Plattformen gebildet, auf denen man sein Projekt, seinen Wunsch anpreisen und um Geld dafür werben kann. Als Gegenleistung erhalten Anleger Zinszahlungen oder werden Teil des Unternehmens. Mittlerweile hat sich Crowdfunding als Alternative zu anderen Finanzierungsinstrumenten einen fixen Platz erobert. Und ist mehr geworden als eine Geldbeschaffungsaktion.

Positives Echo

"Wir haben lange gezögert, ob wir einen Versuch mit der Crowd starten sollen", sagt Otmar Michaeler, Chef der Hotelgruppe Falkensteiner. Gefürchtet habe man sich vor den Reaktionen. Was, wenn der Markt denke, man wende sich an die Crowd, weil die Banken kein Kapital mehr zur Verfügung stellten? "Wird man glauben, unserer Gruppe, unseren Hotels geht es finanziell schlecht?", erinnert sich Michaeler an jene Entscheidungstage vor knapp sechs Jahren zurück. Doch man wollte es wissen in der Falkensteiner-Gruppe und hat das Risiko gewagt. 3,5 Millionen Euro wurden beim Start von Anlegern eingesammelt. "Das mediale Echo war enorm. Vom Handelsblatt bis hin zu italienischen Zeitungen haben plötzlich alle über uns geschrieben", sagt Michaeler.

Seither gehört das Crowdfinancing in der Falkensteiner-Gruppe dazu. Aktuell läuft bereits die neunte Crowdkampagne. Anleger erhalten auf ihr Investment vier Prozent Zinsen pro Jahr und können sich entscheiden, ob sie diese ausbezahlt haben möchten oder in Form von Gutscheinen erhalten wollen. "65 Prozent unserer Investoren nehmen die Gutscheine", sagt Michaeler. Auch das sei eine Überraschung gewesen und trage wesentlich zur Kundenbindung bei.

Gäste als Investoren

Im Herbst wurden die Rückzahlungen der ersten Finanzierungsrunden in der Höhe von 4,95 Millionen Euro abgeschlossen. "50 Prozent unserer Investoren sind in mehreren Projekten investiert", sagt Anne Aubrunner. Die ehemalige Bankerin leitet die Falkensteiner-Investment-Plattform (FMTG), denn mittlerweile nimmt man die Crowd bei Falkensteiner selbst in die Hand. Die Investmentplattform hält alle Informationen für Investoren bereit, im Hintergrund wird mit der Crowdplattform Conda kooperiert, die als Technologiepartner fungiert. Emittentin der Nachrangdarlehen, die Investoren für ihre Bereitstellung von Kapital erhalten, ist die Falkensteiner Tourism Group AG (FMTG).

In Summe hat die Falkensteiner-Gruppe mit ihren Crowdkampagnen seit 2017 knapp 40 Millionen Euro von Investoren zur Verfügung gestellt bekommen. Dass viele Gäste auch Investoren sind, mache sich beim Aufenthalt in einem der Hotels schon auch einmal bemerkbar – etwa durch sehr gezieltes Feedback. "Unsere Investor-Relation ist definitiv auch eine Guest-Relation geworden", sagt Aubrunner. "Die Gäste sehen, was mit ihrem Geld passiert, das lässt dich auch aufmerksamer werden", ergänzt Michaeler. Mit dem Geld komme auch die Emotion. Man trete den Leistungsbeweis an, um das gesamte Ökosystem abzubilden, fasst Aubrunner die 360-Grad-Strategie zusammen.

In der Hotelgruppe beobachtet man die Entwicklungen am Markt sehr genau. Tokenisierung, Blockchain – alles Instrumente, die Michaeler reizen. Doch hier werde noch zugewartet, wie sich die Bereiche entwickeln. Ein Falkensteiner-Token sei aber keine Utopie, heißt es.

Treiber für den Mittelstand

Als Finanzierungsplattform für Start-ups – so hat Conda begonnen. Doch mit dem Erwachsenwerden des Crowdinvestings hat sich auch Conda weiterentwickelt. Immer häufiger nutzen etablierte Klein- und Mittelbetriebe Conda auf der Suche nach einer Finanzierung. Vor allem die White-Label-Lösungen sind dabei gefragt. Sie funktionieren so wie bei der Falkensteiner-Gruppe. Conda fungiert dabei als Technologiepartner, das Kapital wird allerdings unter eigener Marke auf der eigenen Homepage des jeweiligen Unternehmens eingesammelt.

Daniel Horak, Co-Founder und Managing Partner von Conda, überrascht diese Entwicklung nicht. Neben der angespannten Wirtschaftslage im Pandemiezeitalter sorgen Banken mit restriktiverer Kreditvergabe und höheren Eigenkapitalanforderungen für erschwerte Bedingungen bei traditionellen Hausbankkrediten. "Crowdinvesting bietet Unternehmen hier eine zusätzliche Finanzierungsquelle, die die Eigenkapitalquote verbessern und maßgeblich zum zusätzlichen Wachstum des Betriebs beitragen kann", sagt Horak. "Es braucht neue, alternative Möglichkeiten für mittelständische und etablierte Betriebe, um nicht von der Wachstumsfinanzierung abgeschnitten zu werden", so der Experte. Banken seien häufig die Hände gebunden, da beispielsweise Eigenkapitalquoten erfüllt werden müssen und daher nicht die notwendigen Volumina zur Verfügung gestellt werden können. Das mache traditionelle Finanzierungsformen aktuell für viele Unternehmen uninteressant.

Institutionelle werden Immo-Crowd

Auch für institutionelle Investoren wird Crowdfunding mittlerweile zum Trend. Vor allem bei der Finanzierung von Immobilien spielt diese Finanzierungsform eine große Rolle. "Insbesondere seit Jahresbeginn ist die Nachfrage nach Immo-Investments seitens institutioneller Investoren und vermögender Privatanleger markant gestiegen", sagt Andreas Zederbauer, Vorstand der Immobilien-Crowdinvesting-Plattform Dagobertinvest. Vor allem von Family-Offices, Freiberuflern und Immobilienentwicklern bestehe großes Interesse. "Sie nehmen das Angebot zusätzlich zu anderen Veranlagungen im Immobilienbereich und auch als Alternative zur Anlegerwohnung wahr, die mitunter die höchsten Zinsen am Markt für Sachwerte einbringt", erklärt Zederbauer.

Investiert werden in der Regel Summen ab 50.000 Euro aufwärts. Um die steigende Nachfrage seitens vermögender Privatpersonen und institutioneller Investoren abdecken zu können, hat Dagobertinvest im Herbst 2021 einen "Platinum Club" ins Leben gerufen. Diese Zielgruppe investiert in der Regel in dieselben Projekte wie auch Kleinanleger, jedoch im Zuge einer weiteren Emission speziell für Großanleger mit wesentlich höherem Kapital und unter anderen Rahmenbedingungen. Ausgegeben werden Mini-Bonds – endbesteuerte Wertpapiere, bei denen der Emittent die Kapitalertragsteuer (KESt) abführt. Die Rückzahlung wird damit nicht dem Einkommen des Investors zugerechnet. Dabei ist laut Horak ein Ertrag von neun bis zwölf Prozent p. a. zu erwirtschaften.

Neben Entwicklungsprojekten boomen bei Großinvestoren auch Bridgefinanzierungen, weil sich Prozesse derzeit häufiger wegen Lieferkettenproblemen verzögern und seitens der Bauträger Bedarf besteht.
(PORTFOLIO, Bettina Pfluger)