Wolfgang Sobotka erklärte: Novomatic gebe einen sechsstelligen Eurobetrag für Sponsoring in Niederösterreich aus, "und das Land Niederösterreich berät die Novomatic und sagt: Machts es einmal mit dem und einmal mit dem."

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St. Pölten – Wie landete Novomatic-Geld beim Orchester von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka? Und was weiß das Land Niederösterreich darüber? Eine gesicherte Antwort auf diese Frage wird wohl nie ihren Weg an die Öffentlichkeit finden. Denn der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) stellt in einem aktuellen Urteil fest, dass die zuständige Behörde zwar möglicherweise weiß, was passiert ist – darüber aber keine Auskunft geben muss, weil sie nichts davon verschriftlicht hat.

Die Vorgeschichte zum Erkenntnis beginnt im Dezember 2020. Der Vorwurf der politischen Landschaftspflege durch Spenden stand damals gegen Novomatic im Raum. Unter anderem war gerade bekannt geworden, dass der Glücksspielkonzern ein Konzert des Waidhofner Kammerorchesters gesponsert hatte. Dirigent: Wolfgang Sobotka (ÖVP).

"Machts es einmal mit dem und einmal mit dem"

Sobotka erklärte diesen Umstand bei Wolfgang Fellners "oe24.tv" so: Das Unternehmen gebe einen sechsstelligen Eurobetrag für Sponsoring in Niederösterreich aus, "und das Land Niederösterreich berät die Novomatic und sagt: Machts es einmal mit dem und einmal mit dem." Die zuständige Abteilung bestätigte das auf STANDARD-Anfrage.

Der Datenjournalist und Informationsfreiheitsaktivist Markus Hametner wollte mehr darüber wissen und stellte eine Anfrage an das Land. Darin wollte er unter anderem wissen: "Welche konkreten Empfehlungen, Expertisen und Vorschläge wurden der Novomatic übermittelt?" und "Mit welchen anderen Organisationen gibt es eine ähnliche oder vergleichbare Zusammenarbeit?"

Wenn es keine Akten gibt, gibt es keine Auskunft

Die Landesregierung antwortete nur sehr eingeschränkt auf die Fragen, und Hametner legte Beschwerde ein. Bei einer Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht in St. Pölten erklärte eine Mitarbeiterin der zuständigen Kulturabteilung, die Sache mit Sobotkas Orchester werde "sicher so gewesen sein. Aber es gibt da keine Aufzeichnungen darüber." Wenn, dann wüsste das nur der Chef der Kulturabteilung. Den wollte Hametner deshalb laden lassen, aber das Gericht entschied dagegen.

Der VwGH bestätigte diese Entscheidung nun: Von der Auskunftspflicht sind nur solche Informationen umfasst, die bei der Behörde bereits vorhanden sind. Und, so das Höchstgericht sinngemäß: Wenn man den Abteilungsleiter erst fragen muss, was er weiß, sei diese Information eben nicht vorhanden.

"Verschleierung Tür und Tor geöffnet"

Aus Hametners Sicht zeigt das eine "enorme Gesetzeslücke" auf. "Wenn eine Behörde in Zukunft ihr Verhalten unkontrollierbar macht, indem sie einfach Dinge nicht dokumentiert, ist damit Machtmissbrauch und dessen Verschleierung Tür und Tor geöffnet." Aus seiner Sicht braucht es eine Dokumentationspflicht für Behörden, ein Löschverbot für hohe Beamte und Politiker sowie eine "ausdrückliche Bestimmung im Gesetz, dass Beamte als Zeugen zu vernehmen sind und ihr Wissen unter Wahrheitspflicht wiedergeben müssen". (Sebastian Fellner 25.11.2022)