Das deutsche Team bereitet sich auf das erste Match vor.

Foto: APA/AFP/INA FASSBENDER

Kapitän Manuel Neuer rückte in den Mittelpunkt des Interesses.

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Doha – Fußballverbände, die geplant hatten, ihre Kapitäne mit der "One Love"-Armbinde auflaufen zu lassen, um während der Weltmeisterschaft in Katar ein Zeichen gegen Diskriminierung zu setzen, seien "massiv von der Fifa bedroht" worden. Im Endeffekt führte es dazu, dass die geplante Aktion eingestellt wurde. Das teilte der deutsche Fußballverband (DFB) in Person seines Mediendirektors Steffen Simon am Dienstag mit.

Kapitän Manuel Neuer und seinen Teamkollegen wird nun vielfach Charakterschwäche vorgehalten. Daraufhin verteidigten Vertreter des DFB die Entscheidung, auf das Tragen der Binde zu verzichten."Wollen wir die Mannschaft, wollen wir unseren Kapitän einem solchen Risiko aussetzen, dass wir sportlich sanktioniert werden? Da war unsere Antwort, die ganze Debatte wollen wir nicht auf dem Rücken der Spieler austragen", sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf.

"Da gibt es klare Regularien"

Mediendirektor Simon könne die Enttäuschung der Öffentlichkeit verstehen, die dem DFB ein "Einknicken" vorgeworfen hatte. Der DFB habe seine Haltung aber nicht aufgegeben, nun müsse man sich andere Optionen überlegen."Wir haben (...) die Binde verloren, aber nicht unsere Werte", betonte Simon. DFB-Direktor Oliver Bierhoff deutete andere Aktionen für Menschenrechte zumindest an, indem er sagte: "Das eine ist das, was auf dem Platz passiert. Da gibt es klare Regularien. Was wir in der Freizeit machen, ist doch eher uns überlassen."

Fifa-Chef Gianni Infantino habe dem englischen Team vor dem Spiel am Montag massive sportliche Sanktionen angedroht, ohne aber diese zu konkretisieren, erklärte Simon. Daraufhin hätten sich die europäischen Verbände dafür entschieden, solidarisch zusammenzustehen und kein Auseinanderbrechen des europäischen Blocks zu riskieren.

Die Androhung sportlicher Sanktionen seitens des Weltverbandes Fifa habe "sehr viel Druck ausgeübt auf die Spieler, die Unruhe hineinbringt in die Mannschaften. Das ist wirklich nicht das, was man vor so einem Turnier braucht". Neuer war vor der Entscheidung telefonisch eingebunden worden. DFB-Direktor Bierhoff sprach angesichts des Zeitpunktes des Fifa-Diktats von einem speziellen Druck, dem die Spieler ausgesetzt würden.

DFB prüft Fifa-Vorgehen

Bundestrainer Hansi Flick meinte am Dienstagabend, dass die Spieler "sehr, sehr unzufrieden" und "geschockt" auf das Fifa-Verbot reagiert hätten. Laut Flick ging es auch nicht darum, eine Gelbe Karte für Neuer zu riskieren. "Wenn es eine Gelbe Karte ist, ist alles okay. Dann ist Jo Kimmich Kapitän, Thomas Müller für das dritte Spiel. Das wäre gar kein Problem gewesen." Die Fifa hatte aber die genaue Art der Sanktion offen gelassen. "Die Verbände haben gesagt, wir wollen die Spieler da nicht reinjagen, wir nehmen den Druck raus, was auch vernünftig ist", sagte Flick.

Angesichts des "One Love"-Verbots prüft der DFB einem "Bild"-Bericht zufolge den Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS). "Die Fifa hat uns ein Zeichen für Diversität und Menschenrechte verboten. Sie hat dies mit massiven Androhungen sportlicher Sanktionen verbunden, ohne diese zu konkretisieren. Der DFB prüft, ob dieses Vorgehen der Fifa rechtmäßig war", sagte Simon.

Sponsor springt ab

Für den DFB hat die Fifa-Entscheidung zur "One Love"-Armbinde bereits erste Folgen. Der Handelsriese Rewe stellt ab sofort die Kooperation mit dem DFB ruhend. Rewe wolle sich in aller Deutlichkeit von der Haltung der Fifa und den Äußerungen von Präsident Infantino distanzieren und werde deshalb auf seine Werberechte aus dem bestehenden Vertrag mit dem DFB insbesondere im Kontext der WM verzichten, sagte Konzernchef Lionel Souque am Dienstag. Auch die Deutsche Telekom kündigte an, mit dem DFB über die Thematik rund um die Binde sprechen zu wollen.

Bei der Debatte um die Armbinde beteiligte sich nun auch der US-Außenminister Antony Blinken. "Man darf niemanden zwingen, zwischen dem Ausdruck der eigenen Werten und dem Ausüben des Sports entscheiden zu müssen", sagte Blinken am Dienstag. (APA, 22.11.2022)