Als "mutig" bezeichnete Giorgia Meloni das neue Budget für Italien; er sei das Ergebnis von "politischen Entscheidungen einer politischen Regierung". Mit den neuen Budgetmaßnahmen, die sich auf 35 Milliarden Euro belaufen, würden zwei Ziele verfolgt: der Schutz der Unternehmen vor den gestiegenen Energiepreisen sowie "soziale Gerechtigkeit". Dies bedeute, dass die Regierung den Familien und den Menschen mit niedrigem Einkommen besondere Aufmerksamkeit schenken werde, sagte Meloni am Dienstag in Rom.

Zumindest bei der Budgetpolitik lässt Giorgia Meloni bisher keinen blanken Populismus zu.
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Das Defizit wird voraussichtlich auf 4,5 Prozent steigen; die Finanzpläne der Vorgängerregierung von Mario Draghi hatten noch 3,7 Prozent angepeilt.

Die meisten Mehrkosten in der Höhe von 21 Milliarden Euro resultieren aus Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen und Familien, die schon von der Regierung Draghi zur Abmilderung der Energiekosten beschlossen worden waren; sie werden im Jahr 2023 fortgeführt.

Eine weitere Maßnahme Draghis, die Senkung der Lohnnebenkosten um zwei Prozent, wird ebenfalls bestätigt und für Geringverdiener auf drei Prozent erhöht. Zurückgefahren wird dagegen die kostspieligste Maßnahme der Vorgängerregierung: Angesichts der inzwischen wieder etwas gesunkenen Preise für Diesel und Benzin will die Regierung Meloni die bisherige Verbilligung von 30 Cent pro Liter Treibstoff auf 18 Cent reduzieren.

Wenn Meloni von "politischen" Entscheidungen redet, meint sie in erster Linie die von der Regierung geplante schrittweise Abschaffung des Bürgergeldes, das in etwa der deutschen Hartz-IV-Regelung entspricht. 2023 soll der sogenannte "reddito di cittadinanza" jenen, die in der Lage sind zu arbeiten, nur noch maximal acht Monate ausgezahlt werden; ab 2024 dann gar nicht mehr. Wer ein Jobangebot ablehnt, verwirkt sein Recht auf Bürgergeld.

Flat Tax? Ja, aber ...

Laut Schätzungen wird etwa jede dritte Familie, die bisher mit maximal 780 Euro unterstützt wird, das Bürgergeld verlieren. Teile der Opposition haben Widerstand angekündigt.

Zu den "politischen" Plänen zählt auch die Steigerung der Geburtenrate, ein Lieblingsprojekt von Meloni. So soll das Kindergeld angehoben und der Mutterschaftsurlaub um einen Monat verlängert werden. Ausgesprochen politisch ist auch eine Mini-Steuer-Amnestie: Steuerschulden, die weiter zurückliegen als 2015 und den Betrag von 1000 Euro nicht übersteigen, sollen erlassen werden.

Weitgehend abgeblockt hat Meloni dagegen die extrem kostspieligen Wünsche ihrer Koalitionspartner: Lega-Chef Matteo Salvini hatte im Wahlkampf eine Einheitssteuer von 15 Prozent versprochen, Silvio Berlusconi wollte die Mindestrenten verdoppeln.

Das kam für Meloni und ihren Finanzminister Giancarlo Giorgetti nicht infrage. Als gesichtswahrende Maßnahme für Salvini und Berlusconi wird nun die bestehende Flat Tax für Einzelunternehmen etwas ausgeweitet, und die Mindestrenten, die heute bei 540 Euro liegen, werden geringfügig erhöht. Die Kosten für den Staatshaushalt bleiben damit in einem überblickbaren Rahmen. (Dominik Straub aus Rom, 22.11.2022)