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Die Betreiber der Kindergärten erhalten ein Jahr Zeit, um die verpflichtenden Maßnahmen im neuen Kindergartengesetz umzusetzen.

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Die Art und Weise, wie in Wien zuletzt mit einem Missbrauchsverdachtsfall im Kindergarten umgegangen wurde, war irritierend. So erfuhren Eltern erst im Frühjahr 2022, dass bereits seit mehr als einem Jahr gegen einen Kindergartenpädagogen in Wien-Penzing wegen Missbrauchsverdachts ermittelt wird. Der Betroffene selbst war bereits Ende März 2021 vom Kinderdienst abgezogen worden.

Ein von der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien veröffentlichter Bericht fiel verheerend aus: So habe es mehr als ein Jahr lang nur "Halb- und Nichtinformationen" für die Eltern mit Kindern am Standort gegeben. Und: Bereits seit dem Jahr 2020 hätten Eltern bei zwölf Kindern Auffälligkeiten festgestellt und diese auch den Pädagoginnen und Pädagogen des Standorts mitgeteilt – davon acht Eltern noch vor dem März 2021.

Die Vorkommnisse führten zu personellen Konsequenzen sowie zu einer Änderung der Kommunikationsstrategie: Anfang November wurden weitere mögliche Verdachtsfälle wegen Missbrauchs rund um zwei Kindergartenpädagogen durch die MA 10 (Kindergärten) veröffentlicht. Die Behörden sowie Eltern wurden in diesen Verdachtsfällen umgehend informiert.

Reform des Kindergartengesetzes im Landtag

Als weitere Konsequenz für mehr Kinderschutz ist geplant, dass am Mittwoch im Wiener Landtag eine Reform des Kindergartengesetzes beschlossen wird. Diese sieht vor, dass es künftig in allen Wiener Kindergärten – also städtisch und privat – ein verpflichtendes Kinderschutzkonzept geben muss. Auch eine für Kinderschutz beauftragte Person pro Standort ist verpflichtend. Dazu kommen regelmäßig vorgesehene Fortbildungen für Pädagoginnen und Pädagogen mit Schwerpunkt Kinderrechte. Bei der für die Kindergärten zuständigen Aufsichtsbehörde MA 11 (Kinder- und Jugendhilfe) wird zudem eine Kompetenzstelle für Kinderschutz eingerichtet.

Überprüfungen der Standorte ab Dezember 2023 vorgesehen

Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr von den Neos sagte, dass Wien "das strengste Kindergartengesetz Österreichs" bekomme. "Wir zeigen mit der gesetzlichen Verankerung des Kinderschutzes, dass dieser in Wien oberste Priorität hat." Für die Umsetzung der gesetzlich verpflichtenden Vorgaben haben die Betreiber ein Jahr lang Zeit: Erste Überprüfungen sind ab Dezember 2023 vorgesehen, wie es aus dem Büro Wiederkehr zum STANDARD heißt.

Durch die Gesetzesreform werde das Thema Kinderschutz in der Arbeit mit Kindern verankert. Mit der Sensibilisierung für dieses Thema werde zudem ein Rahmen geschaffen, "der sowohl die Kinder als auch die Mitarbeitenden schützt". Mitarbeitende erlangen demnach auch die Sicherheit, was bei einem entsprechenden Vorfall zu tun und wer zu informieren ist, "wenn sie sich Sorgen um ein Kind machen". Durch Prävention und Vorbereitung sei im Ernstfall ein schnelles und professionelles Agieren möglich.

Kinder- und Jugendanwaltschaft für weitere Regelungen

Die Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft begrüßt die neuen gesetzlichen Regelungen zum Kinderschutz im Kindergartenbereich. Gleichzeitig wird darauf verwiesen, dass diese im schulischen Bereich oder auch bei Sommer- und Feriencamps noch fehlen würden. Ein Sprecher Wiederkehrs sagte, dass in diesen Bereichen ebenfalls gesetzliche Regelungen geplant seien. Angeregt wird auch ein bundeseinheitliches Gesetz, das den Kinderschutz regelt. (David Krutzler, 23.11.2022)