Rettungskräfte kümmerten sich vor Ort um die Verletzten.

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Tel Aviv – Bei zwei Explosionen an Bushaltestellen im Großraum Jerusalem ist ein Mensch getötet worden. Mindestens 18 weitere Personen wurden verletzt, darunter waren auch mehrere Schwerverletzte, wie der Rettungsdienst Magen David Adom (MDA) am Mittwoch mitteilte. Die Polizei sprach vom Verdacht auf einen kombinierten Anschlag. Der scheidende Ministerpräsident Yair Lapid berief eine Dringlichkeitssitzung mit der Polizei- und Militärspitze ein.

Die erste Explosion ereignete sich an einer Haltestelle am Stadtrand, dabei wurden elf Menschen verletzt. Kurz darauf gab es Berichte über eine weitere Explosion an einer Haltestelle in Ramot nördlich der Stadt. Nach der Detonation des ersten Sprengsatzes seien zwölf Menschen ins Krankenhaus eingeliefert worden, teilte der Rettungsdienst mit. Mindestens zwei von ihnen seien schwer verletzt. Bei der zweiten Explosion wurden nach Polizeiangaben mindestens drei Menschen verletzt. Eine Person sei im Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen, teilte das Shaare-Sedek-Medizinzentrum mit. Bei dem Toten handelt es sich laut Medienberichten um einen Minderjährigen.

Ruf nach harten Strafen

Der israelische Abgeordnete Joav Ben-Zur von der strengreligiösen Schas-Partei sprach von einer "Rückkehr zum Horror und den schweren und blutigen Tagen des zweiten Palästinenseraufstands Intifada". Israels Abschreckungskraft sei kaum noch existent. "Jeden Tag erhebt der Terror wieder sein Haupt", sagte er.

Der rechtsextreme Politiker Itamar Ben-Gvir sagte am Ort der Explosion, die Verantwortlichen müssten einen "Preis für den Terror" zahlen. Er forderte unter anderem eine Rückkehr zu gezielten Tötungen und eine Verschärfung der Haftbedingungen für militante Palästinenser in Israel. "Wir müssen so schnell wie möglich eine Regierung bilden", sagte Ben-Gvir, der derzeit bei den Koalitionsverhandlungen das Ministerium für innere Sicherheit für sich fordert. "Der Terror wartet nicht." Das Bündnis von Ben-Gvir und dem Politiker Bezalel Smotrich wurde bei der Parlamentswahl in Israel am 1. November drittstärkste Kraft.

Hamas bekennt sich nicht zu den Anschlägen

Die radikalislamische Hamas, die im palästinensischen Gazastreifen an der Macht ist, begrüßte die Anschläge, bekannte sich aber nicht dazu. Ihr Sprecher Abdel-Latif al-Kanua sagte, die Bombenanschläge seien "das Ergebnis der Verbrechen der Besatzung und der Siedler". Jüdische Siedlungen in den besetzten Gebieten im Westjordanland und in Ostjerusalem werden von den Vereinten Nationen nicht anerkannt und als Verstoß gegen das Völkerrecht eingestuft.

Vergangene Woche waren bei einem Anschlag nahe einer israelischen Siedlerstadt im Westjordanland drei israelische Männer getötet worden. Ein 18-jähriger Palästinenser hatte dem Militär zufolge an zwei Orten mehrere Menschen mit einem Messer angegriffen.

Anhaltende Terrorwelle

In diesem Jahr starben bereits mindestens 26 Menschen durch Anschläge in Israel, Ostjerusalem und dem Westjordanland, darunter auch mehrere Soldaten und Sicherheitskräfte. Seit dem Frühjahr unternimmt Israels Armee im besetzten Westjordanland auch vermehrt Razzien.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Ramallah wurden dieses Jahr mehr als 140 Palästinenser in Zusammenhang mit Militäreinsätzen, bei Zusammenstößen oder eigenen Anschlägen getötet. Es gibt zudem zunehmend Berichte über Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser, israelische Aktivisten oder Soldaten.

Für Aufsehen sorgten am Mittwoch zudem Berichte über die Entführung der Leiche eines israelischen Staatsbürgers aus einem Krankenhaus in der Palästinenserstadt Jenin. Der 18-jährige Zivilist sei zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen, teilte die israelische Armee mit. Man erwarte nun, dass sie in einem humanitären Akt an die israelischen Behörden übergeben werde. Die Stadt Jenin gilt als eine Hochburg militanter Palästinenser. (APA, 23.11.2022)