Die Zahl der Telefonzellen geht zurück.

Foto: Reuters / Brendan McDermid

A1 stellt seine Telefonzellen auch als Standort für Defibrillatoren zur Verfügung.

Foto: APA / Roland Schlager

Wir sind in einem Zeitalter angelangt, in dem viele Menschen noch nie eine Telefonzelle betreten haben. Nach und nach wurden die stationären Fernsprechanlagen durch immer leistungsstärkere Smartphones abgelöst, die uns mittlerweile mit der ganzen Welt verbinden und bei der Organisation unseres Lebens helfen. Internet sei Dank.

Was kaum jemand braucht, wird bald verschwinden, oder? Eine naheliegende Annahme, wenn man sich die im November 2021 beschlossene Novelle des Telekomgesetzes in Erinnerung ruft. Mit dieser wurde die Verpflichtung für Telekomunternehmen aufgehoben, Telefonzellen zu betreiben. Damals gab es in Österreich noch 11.000 Stück von ihnen – also fast 20.000 weniger als in den 1990er-Jahren.

Ein ähnliches Schicksal sollen die öffentlichen Sprechstellen nun auch in Deutschland erfahren. Am Montag deaktivierte die Deutsche Telekom die Münzzahlung an den 12.000 verbliebenen Standorten, eine Abschaltung der Zahlungsmöglichkeit mittels Telefonkarten soll Ende Jänner folgen, schreibt das Unternehmen in einem Blogbeitrag. Einst gab es dort 160.000 Telefonzellen. Einerseits in Großstädten, aber "auch in reinen Wohngebieten und selbst am eher abgelegenen Waldrand". Genau dort werden die ausgemusterten Exemplare nun auch gesammelt, in einem Wald nahe Potsdam kann man die pinken Kabinen aneinandergereiht finden.

Tausende Zellen verblieben

Hierzulande sind noch etwa 7.700 Telefonzellen übrig, informiert A1 auf STANDARD-Anfrage. Zwar sei man nicht mehr zum Betrieb verpflichtet, es werde aber noch evaluiert, "wo und wie viele Telefonzellen abgebaut werden". Eine endgültige Entscheidung sei bisher nicht gefallen.

Die Deutsche Telekom sammelt verbliebene Telefonzellen nahe der Stadt Potsdam bei Berlin.
Foto: imago images / Karina Hessland

Wer sich also heute noch auf die Suche nach einer öffentlichen Fernsprechanlage macht, sollte – mit etwas Geduld – weiterhin erfolgreich sein. A1 habe als Betreiber zwar die Anzahl reduziert, es stehe aber weiterhin "in fast jeder Gemeinde Österreichs zumindest eine Telefonzelle". Diese befänden sich primär an Orten des öffentlichen Interesses, zum Beispiel an Bahnhöfen oder in Fußgängerzonen. Unter der verbliebenen Kundschaft sollen sich Jugendliche, Menschen mit leerem Akku oder geringem Einkommen und Touristen befinden.

Weiternutzung

Gänzlich verloren scheint die Infrastruktur trotz des Rückbaus nicht zu sein. Die Deutsche Telekom plant rund ein Viertel der verbliebenen Standorte für die Verbesserung des Mobilfunknetzes zu nutzen, indem sie in sogenannte "Small Cells" umgewandelt werden. Dabei handle es sich um kleine Antennen zur Verstärkung von Mobilfunksignalen. Auch A1 verleiht seinen Telefonzellen ein zweites Leben. Einerseits, so eine Unternehmenssprecherin, stelle man diese als Standort für Defibrillatoren zur Verfügung. Andererseits würden nicht mehr benötigte Standorte in Bücherzellen umgewandelt, für Kunst- und Kulturprojekte genutzt oder auch zu Stromtankstellen für E-Autos umgebaut.

Die Zahl der österreichischen Telefonzellen dürfte in den kommenden Jahren also konstant zurückgehen. Dennoch müssen sich Nostalgiker keine Sorgen machen, dass diese in absehbarer Zukunft aus dem Stadtbild verschwinden. Zumindest dann nicht, wenn die genannten Alternativnutzungen auf Zustimmung stoßen. Während also in Deutschland die letzten Münzen gefallen sind, könnte es hierzulande noch etwas dauern. (mick, 23.11.2022)