Kanzler Nehammer holt Gerald Fleischmann als Parteisprecher zurück.

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Er sei "Sebastian Kurz’ Mann fürs Grobe", fasste der STANDARD das Jobprofil von Gerald Fleischmann an dieser Stelle vor fünf Jahren zusammen. Seither ist viel passiert: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sieht Fleischmann als Kurz’ Mann fürs Extragrobe, nämlich sogar das strafrechtlich Relevante.

Nun holte ihn Karl Nehammer als neuen ÖVP-Sprecher. Oder, besser gesagt: als neuen, sehr alten. Denn diese Position hat der PR-Profi schon 2007 innegehabt, zuvor war er bei der niederösterreichischen Volkspartei aktiv gewesen – und hatte Ambitionen auf eine Karriere als Rockstar gehegt. Der wurde er zwar nicht, als neben Stefan Steiner engster Berater von Sebastian Kurz ließ er später in Österreich allerdings keinen Stein auf dem anderen. Welches Genre das war, bleibt Historikern überlassen.

Message Control statt Rock'n'Roll

Die Ironie der Zeitgeschichte ist, dass Fleischmann dem Vernehmen nach gar nichts mit Kurz zu tun haben wollte: Er habe vom damaligen ÖVP-Chef Michael Spindelegger nahezu bekniet werden müssen, um die Sprecherschaft des damals neuen Integrationsstaatssekretärs zu übernehmen, schreibt der Journalist Klaus Knittelfelder in seinem Buch Inside Türkis. Dann waren Kurz, Fleischmann und Steiner allerdings unzertrennlich, auch als Kurz Außenminister und schließlich Kanzler wurde. Fleischmann, nunmehr als Kanzlerbeauftragter für Medienpolitik eher im Hintergrund, gab mit seiner "Message-Control" den Takt vor, Steiner lieferte Melodien, und Kurz bezauberte als Frontmann die Massen.

Bis zum Oktober 2021, als der türkise Traum zerplatzte. WKStA-Ermittler durchsuchten ÖVP-Zentrale, Finanzministerium und Kanzleramt. Sie verdächtigten Kurz, Steiner, Fleischmann und andere, ein perfides System zur Manipulation von Medienberichten und Umfragen mit Steuergeld umgesetzt zu haben. Fleischmann bestreitet das vehement, und es gilt die Unschuldsvermutung.

Nach dem Kurz’schen Auszug aus dem Kanzleramt wurde Fleischmann dann im ÖVP-Klub "geparkt". Dem Vernehmen nach zündelte er mit dem Ex-Kanzler immer wieder im Hintergrund; offiziell trat er nicht in Erscheinung. Jetzt, knapp ein Jahr später, ändert sich das – und es ist auch eine starke Ansage von Nehammer, nicht zuletzt gegenüber den Grünen. "Das muss man sich einmal trauen", fasste ein grüner Abgeordneter seine Emotionen spontan zusammen. "Ein absoluter Vollprofi", schwärmte hingegen die ÖVP. (Fabian Schmid, 22.11.2022)