Auch die Räume der Sigmund-Freud-Privatuni stehen in der Kritik: Ein Grund dafür, dass dem Medizin-Master die Akkreditierung entzogen wurde, ist die fehlende Infrastruktur.

Foto: Heribert Corn

Das Masterstudium Humanmedizin der Sigmund-Freud-Privatuniversität (SFU) steht vor dem Aus. Wie am Mittwoch bekannt wurde, entzieht die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) der Wiener Universität die Zulassung. Ein Überblick über die Gründe für den Widerruf und was dieser für die betroffenen Studierenden bedeutet.

Frage: Wieso wird dem Humanmedizin-Masterstudiengang der SFU die Zulassung entzogen?

Antwort: Die AQ Austria widerruft aufgrund von Qualitätsmängeln die Zulassung für den Studiengang. Grundlage dafür ist ein Gutachten, das die Agentur in Auftrag gegeben hat. Die Expertenschaft aus Österreich, Deutschland und der Schweiz kritisiert in ihrem Befund vor allem das schnelle Wachstum und die fehlende Infrastruktur. Denn die Studierendenzahl hat sich seit der Zulassung im Studienjahr 2015/16 verdreifacht. Pro Semester fallen 12.500 Euro an Studiengebühren an. Allerdings: Weder hat sich der Personalstand im Lauf der Zeit erhöht, noch reichen die Räumlichkeiten für die steigende Anzahl an Interessierten aus. Zudem kooperiert die SFU zwar mit mehreren Krankenanstalten, verfügt jedoch über keine eigene Uniklinik, wodurch keine einheitlichen AusbildungsStandards gewährleistet sind.

Frage: Sind auch andere Studienfächer der SFU betroffen?

Antwort: Nein. Die AQ Austria reakkreditierte alle anderen Studiengänge, also Psychotherapiewissenschaft, Psychologie, Jus, Zahnmedizin und auch den Bachelorstudiengang Humanmedizin. In Bezug auf das Masterstudium Humanmedizin prüft die SFU zudem Rechtsmittel gegen den Bescheid.

Frage: Was bedeutet das für die betroffenen Studierenden der SFU?

Antwort: Die rund 600 angehenden Ärztinnen und Mediziner im Masterstudium sind vom Entzug der Zulassung nicht betroffen. Sie können mittels "Teach-out"-Plan ihr Studium beenden. Für die etwa 200 Studentinnen und Studenten, die heuer ihr Bachelorstudium abschließen, stellt sich jedoch die Frage, wie es dann weitergeht. Denn: Die öffentlichen Unis bieten Humanmedizin nur als Diplomstudium an. Das EU-weite Bologna-Hochschulsystem sieht lediglich die Ausweichmöglichkeit auf andere Privatunis vor – etwa die Paracelsus-Uni in Salzburg oder die Karl-Landsteiner-Privatuniversität in Krems.

Die Hochschülerschaft drängt daher nun auf eine rasche Lösung für sie. Prinzipiell begrüße die ÖH jedoch die Entscheidung, Studiengängen, die die Qualitätskriterien nicht erfüllen, den "Riegel vorzuschieben", wie die Vorsitzende Keya Baier (Gras) festhält. Der Rektor der SFU, Alfred Pritz, kündigte in einem Schreiben an, eine Neueinreichung des Humanmedizin-Masters vorzubereiten, um den Bachelorstudierenden nach Möglichkeit "einen verzögerungsfreien Übergang ins Masterstudium zu ermöglichen".

Frage: Gab es solche Fälle bereits?

Antwort: Sogar schon öfter. Ähnlich gelagert war im Jahr 2010 der Fall der Umit (Universität für Medizinische Informatik und Technik) in Innsbruck: Ihr wurde die Akkreditierung für das Doktoratsstudium Gesundheitswissenschaften entzogen, weil die Betreuungsverhältnisse ungenügend waren und internationale Standards nicht erfüllt wurden. Die Uni überarbeitete das Studium und ließ es neu akkreditieren.

Frage: Welche Unterschiede gibt es beim Medizinstudium in Österreich?

Antwort: Human- und Zahnmedizin können hierzulande an sechs privaten und vier staatlichen Universitäten studiert werden – mit jeweils leicht abgewandeltem Studienaufbau und -ablauf. Prinzipiell kann Medizin als Bachelor- und Masterstudium (jeweils sechs Semester) oder als Diplomstudium absolviert werden, das zwölf Semester am Stück dauert. An den öffentlichen Unis in Wien, Innsbruck, Graz und Linz muss ein Aufnahmetest absolviert werden. Dieser "MedAt" fand heuer zum zehnten Mal statt. 15.788 nahmen daran teil, zur Verfügung standen allerdings insgesamt nur 1850 Plätze.

Frage: Es gibt zu viele Interessenten, aber dennoch einen Ärztemangel?

Antwort: Die Dichte an Ärztinnen und Ärzten in Österreich ist im internationalen Vergleich sogar hoch. Jedoch stagniert die Zahl jener, die Kassenverträge abschließen, seit einem Jahrzehnt. Auch bei den Spezialisierungen gibt es große Unterschiede: So zieht es viele in die Radiologie, an Kinderpsychiatrien hingegen fehlt es an Personal. (Anna Giulia Fink, Oona Kroisleitner, 24.11.2022)