Der Begriff "Metaverse" ist zwar schon einige Jahre alt, breitenwirksam bekannt wurde er allerdings erst, als Mark Zuckerberg vor etwas mehr als einem Jahr seinem Konzern Facebook einen neuen Namen verpasste: Meta. Gedacht war die Umbenennung als eine Hommage an das neue Ziel des Unternehmens: weg vom alten Namen eines skandalgebeutelten Social Network, hin zum Metaverse.

Aber auch Zuckerbergs vorgetragene Vision war alles andere als konkret, und die grafisch billig anmutenden Avatare ohne Bein, die irgendwie die Zukunft des Arbeitens, Spielens und Socialisens in den virtuellen Raum tragen sollten, warfen mehr Fragen als Antworten auf. Ein Jahr später zeigt sich am XR Day in Bonn, dass das Metaverse als Idee nach wie vor eine Baustelle ist – in die aber alle investieren.

Viele Ideen

An Virtual-Reality-, Augmented-Reality- und Mixed-Reality-Anwendungen, die in irgendeiner Form zum Metaverse und seiner Entstehung beitragen sollen, mangelte es nicht. Das deutsche Unternehmen Volucap präsentierte digitale Avatare, die bereits in Hollywood genutzt werden. Dingolé aus Trinidad und Tobago setzt Augmented Reality zum Erlernen von Instrumenten ein.

Tiny Giant Heroes nutzt AR-Tiere nach Tamagotchi-Prinzip, um Kinder Empathie und emotionale Intelligenz zu lehren. Zaubar, wiederum aus Deutschland, demonstrierte eine KI, die aus Wünschen in Form von Sprachkommandos dreidimensionale Objekte erzeugt, die man über die Handykamera im Raum platzieren kann. Spree Interactive verknüpfte das Jahrmarkterlebnis einer Bumpercar-Fahrt mit AR-Brillen und zugehörigem Spiel.

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Die Deutsche Telekom als Ausrichter der Messe pflegt selbst eine Abteilung für XR-Lösungen und unterstützte im Rahmen eines Programms zahlreiche Start-ups aus aller Welt mit Hardware, Know-how und Reisekostenersatz. Elf davon waren am XR Day vertreten und ritterten im finalen Pitch-Wettbewerb um eine, allerdings symbolische, Auszeichnung.

Der Konzern selbst werkt an einer Second-Screen-Lösung, mit der sich Fußballfans bereits Daten zu laufenden Spielen und einzelnen Kickern via Smartphone einblenden lassen können, inklusive 3D-Modell der Ballartisten zur Platzierung im Wohnzimmer. Künftig soll das auch auf AR-Brillen möglich werden. Man möchte, so das Unternehmen, zwar führend mitwirken am Weg ins Metaverse, ohne aber gleich auf jeden Hype aufzuspringen und riesige Geldbeträge zu versenken.

Warten auf die Hardware

An Ideen, wie man die Fortschritte, die Virtual- und Augmented-Reality-Hardware in den letzten Jahren gemacht hat, einsetzen könnte, mangelt es zumindest nicht. Und das ist ein gutes Zeichen. Klar scheint aber auch: Viele Lösungen sind erst dann massentauglich, wenn es auch AR-Brillen sind. Der erste ernstzunehmende Anlauf dazu, Google Glass, ist gescheitert. Auch Microsofts Hololens bog in Richtung Unternehmenskundschaft ab. Für Virtual Reality gab es spätestens mit der Oculus Quest aber einen Achtungserfolg in den Wohnzimmern, was wohl auch die Hoffnung auf ein AR-Revival nährt.

Wichtiger ist dafür aber wohl der Erfolg von Games wie "Pokémon Go" wie auch Apples Engagement in dem Bereich. Die Chance lebt, aber bis es AR-Brillen gibt, die leicht und leistbar sind und gute Darstellungsqualität liefern, werden noch einige Jahre vergehen. Und bis dahin wird die Nutzung des Smartphones für AR-Zwecke wohl etwas bleiben, was man vielleicht gelegentlich macht und dann schnell wieder davon genug hat.

Wie auch dieses Bild ist "das Metaverse" bislang eine definitorische Baustelle.
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Die nächste Runde für "Big Tech"?

Bei der Vorstellung seines Metaverse betonte Zuckerberg die notwendige Offenheit, doch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Paneldiskussion zeigten sich eher skeptisch, ob diese auch so realisiert wird. Tendenziell, so der subjektiv interpretierte Tenor, werden es am Ende wieder ein paar nebeneinander existierende Ökosysteme von Tech-Riesen sein und nicht eine Vielzahl an dezentralen, dank offener Technologie miteinander verbundenen Plattformen. Also mehr wie Twitter und nicht das dezentral angelegte Mastodon-Fediverse.

Ungeachtet der Baustelle, die sich rund um den Begriff Metaverse erstreckt, gab man sich aber betont optimistisch, dass diese einmal erfolgreich abgeschlossen wird. "Das Metaverse kommt, und es wird groß", lautete das Motto des XR Day, "Break New Ground" sein Titel. Man sieht sich bereit für das – wenn man es etwas gemein ausdrücken möchte – "Neuland", wie auch immer es aussehen wird. Eine Voraussetzung dafür, nämliche gesunden Optimismus, erfüllt man schon einmal. (gpi, 24.11.2022)