Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) drückt die Erwartungen an eine Reform des Spitalssystem in Österreich präventiv: Die Wahrscheinlichkeit, daran zu scheitern, sei "hoch".

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Personalmangel, Gefährdungsanzeigen, Streiks – zuletzt spitzte sich die Situation in Österreichs Spitälern immer mehr zu. Dass es ein Problem gibt, das gibt auch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) im "ZiB 2"-Interview zu. 80.000 Personen fehlen bis zum Jahr 2030 allein im Pflegebereich und auch bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sieht es nicht rosig aus.

Auf die Frage, wie er die massiven Probleme lösen will, kommt Rauch immer wieder auf den Tisch zu sprechen, an den er "alle Player" bringen möchte. Denn dass die Zuständigkeit der Spitäler bei den Bundesländern liegt, das sei das "Elend der österreichischen Gesundheitsstruktur". Eine Bundesstaatsreform sei im Rahmen der österreichischen "Realverfassung" aber wohl ausgeschlossen, deshalb müsse man sich der Finanzausgleichsverhandlungen bedienen, um so einen "finanziellen Hebel" in der Hand zu haben: Mit Bundesländern, Ärztekammer, Sozialversicherungsträgern und Finanzminister an einem Tisch wolle er eine strukturelle Reform ermöglichen.

Rauch will Arbeitskräfte aus Drittländern

Eines sei bei diesen Verhandlungen aber klar, so Rauch: "Es wird mehr Geld im System brauchen." Da gehe es um Arbeitsbedingungen, darum, dass Leute anständig bezahlt werden und darum, mehr Leute zu bekommen. Deshalb sei er auch dabei, mit Deutschland und anderen Ländern eine Initiative zu lancieren, um Arbeitskräfte aus Ländern außerhalb Europas zu bekommen: "Anders wird es nicht gehen."

Bei den Ärztinnen und Ärzten sei wiederum nicht nur die Zahl das Problem, sondern die "falsche Verteilung", wie Rauch sagt. Im OECD-Schnitt und im europäischen Schnitt habe Österreich viele Ärztinnen und Ärzte, viele davon bevorzugen aber mittlerweile Wahlarztpraxen gegenüber Kassenstellen, respektive gegenüber Primärversorgungszentren, die es noch immer nur in geringer Zahl gibt. Er orte bei allen Playern Gesprächsbereitschaft, zeigt sich Rauch dennoch zuversichtlich, setzt die Latte für eine Reform aber gleichzeitig niedrig: "Die Wahrscheinlichkeit zu scheitern ist hoch", denn die Resilienz im System sei ebenso hoch.

Corona: Stabil unterwegs mit Gratis-Tests

Was die geltenden Covid-Schutzmaßnahmen betrifft, sieht Rauch ebenfalls keinen Änderungsbedarf. Auf die Frage, ob er überhaupt noch Schutzmaßnahmen will – immerhin zähle man aktuell rund 5.000 Neuinfektionen pro Tag, bei wohl extrem hohen Dunkelziffern – antwortet Rauch, es gäbe ja sehr wohl noch Schutzmaßnahmen in Alten- und Pflegeheimen sowie in Spitälern. Man sei aber in einer stabilen Lage. Und: "Wir sind in Österreich als einziges Land in Europa noch unterwegs mit Gratis-Tests."

Rauch wolle die Balance halten zwischen Vorsicht und Normalität. Eine verstärkte Wiedereinführung der Maskenpflicht schließt er nicht aus, diese käme in Frage wenn man in eine "schwierigere Situation", etwa mit ansteckenderen oder krankmachenderen Varianten käme. (red, 23.11.2022)