Beim Wiener Sport-Club wird als Vorgriff auf das nächste Projekt das baufällige Dach abgenommen. Wann auch die Tribüne abgerissen und neu aufgebaut wird, steht noch in den Sternen.

Foto: Thomas Hirner

WSC-Sektionsleiter David Krapf-Günther zu den weiteren Plänen: "Wenn wir das Okay kriegen, dass es bei der aktuellen Marktlage Sinn macht auszuschreiben, dann starten wir."

Foto: Sport-Club

Gut Ding braucht Weile. Doch manchmal muss prompt reagiert werden, wenn etwa der Zahn der Zeit stetig nagt. Wie im Fall der Überdachung der Haupttribüne am Sport-Club-Platz. Waren die maroden Steher zunächst behelfsmäßig verstärkt geworden, so haben sich der Verein und das Sportamt der Stadt (MA 51) nach Prüfung durch Ziviltechniker und Statiker dazu entschieden, die spielfreie Zeit zu nützen, um das Dach gleich abzumontieren. WSC-Sektionsleiter David Krapf-Günther sieht darin einen "Vorgriff auf das weitere Projekt. Mit dieser Maßnahme sind wir auf der sicheren Seite. Niemand will ein Risiko eingehen."

Unendliche Geschichte

Bereits im Juni 2017 hat die Stadt das Subventionsansuchen des Sport-Clubs bewilligt und Mittel in Höhe von 6,25 Millionen Euro für die Sanierung des ältesten noch bespielten Fußballplatzes Österreichs – das Stadion wurde 1904 errichtet – zugesichert. Dabei hätte der Spatenstich für einen Neubau des Stadions bereits 2014 erfolgen sollen und war ein Fertigstellungstermin nach diversen Verzögerungen für Sommer 2021 in Aussicht gestellt worden.

Doch die ambitionierten Pläne für ein Schmuckkästchen an der Alszeile scheiterten an der Finanzierung, weil es zusätzlich zu den Mitteln der Stadt weitere Millionen von Investoren gebraucht hätte, um das Projekt zu realisieren. Zwei Jahre später hat man sich immerhin auf eine Teilsanierung der Anlage geeinigt.

Die Friedhofstribüne (FHT) an der Alszeile wurde bereits im Zuge der ersten Bauphase saniert.
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Es floss viel Wasser den Alsbach hinunter, bis die mehrmals angekündigten Bagger tatsächlich anrollten und mit der ersten von zwei geplanten Bauphasen begonnen wurde. Die erste ist mittlerweile längst abgeschlossen. Die Friedhofstribüne und die gegenüberliegende blaue Tribüne für Auswärtsfans wurden saniert. Und zum Leidwesen einiger Fans wurde die Längstribüne an der Kainzgasse für eine Verbreiterung der Spielfläche vorübergehend geopfert.

Pandemie und Krieg

Dann kam die Pandemie, und mit ihr musste die zweite Bauphase auf Eis gelegt werden, noch ehe sie gestartet werden konnte. Krapf-Günther: "Mit Corona sind die Preise in allen Bereichen gestiegen, die Baubranche war besonders betroffen. Material war teilweise schwer verfügbar." Zudem sei erschwerend hinzugekommen, "dass bei Ausschreibung I nur ein Angebot mit sehr hohen Preisen abgegeben wurde, die wir aus dem Subventionsbudget nicht stemmen konnten. Wir hatten ein unglaubliches Timing, wollten nach dem größten Corona-Schreck das Projekt wieder starten, und dann ist der Krieg in der Ukraine losgegangen, wodurch wieder die Baupreise explodiert sind."

Die meist nur von wenigen Zuschauern besuchte Gästetribüne vis-à-vis der FHT wurde auch in Bauphase I saniert.
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Glaubt man den Gerüchten, so soll sich die Baubranche 2023 wieder normalisieren. Das würde auch dem Sport-Club in die Karten spielen. "Wenn alles gutgeht, erhoffen sich alle Beteiligten, dass wir in den nächsten zwei, drei Monaten in eine neue Ausschreibung für die zweite Bauphase gehen können. Die würde die Haupttribüne betreffen. Dann könnten wir in Verhandlungen gehen und versuchen, den Abbruch und den Neubau der Haupttribüne mit der aktuellen Kostenstruktur hinzubekommen."

Abgespeckte Version

Geplant ist nun eine leicht abgespeckte Version. Man habe sich geeinigt, in manchen Bereichen Einbußen in Kauf zu nehmen. Krapf-Günther: "Das wurde von allen Seiten positiv aufgenommen. Die Planung ist insoweit fertig. Jetzt wollen wir versuchen, es trotzdem irgendwie hinzubekommen. Das geht aber nur über eine neue Ausschreibung. Und dann hoffen wir, dass wir mit mehr Bewerbern in Verhandlungen kommen." Man wolle mit der reduzierten Variante einen "sinnvollen, finanzierbaren und nachhaltigen Weg für die Zukunft" finden.

Ein Ansuchen auf Aufstockung der Subvention ist nicht geplant, das wäre in Zeiten wie diesen wohl auch kaum realistisch. Krapf-Günther: "Der Bund und die Stadt haben hunderte andere Probleme, die Menschen in ihrem täglichen Leben betreffen. Wir haben alle Verständnis dafür, wenn es zu entscheiden gilt, ob wir ein schönes Dach oder hunderte Familien eine warme Unterkunft haben."

Der Sport-Club verfügt nicht über entsprechende Reserven, um das Projekt ratzfatz umzusetzen. Man bräuchte dafür bis zu zweieinhalb Millionen Euro zusätzlich, wie Krapf-Günther schätzt. "Wir mussten während Corona immer wieder die Meisterschaft abbrechen, konnten keine Veranstaltungen durchführen. Bei vielen Vereinen sieht es nicht rosig aus. Die Mittel, die ein gemeinnütziger Verein zur Verfügung hat, halten sich in Grenzen."

Gewisses Risiko

Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln versuche man nun, alles "bestmöglich geordnet und vernünftig mit der MA 51 und Stadtrat Peter Hacker abzuarbeiten und hinzukriegen. Es stehen viele Projekte still, weil es eine Unsicherheit gibt, was die Kosten angeht. Wir haben eines der größten Projekte, und von daher gibt es auch ein vergleichsweise großes Risiko", sagt Krapf-Günther.

Blick auf die Haupttribüne, wo die Abbrucharbeiten an der Dachkonstruktion begonnen haben.
Foto: Thomas Hirner

Wie lang es nun tatsächlich dauern wird, bis die zweite Bauphase gestartet wird, ist noch offen. Krapf-Günther: "Wenn wir das Okay kriegen, dass es bei der aktuellen Marktlage Sinn macht auszuschreiben, dann starten wir. Der Ausschreibungsprozess und die Verhandlungen könnten in vier Monaten abgeschlossen sein. Wir müssen mit Vorsicht vorgehen, können mit Fördergeldern nicht Zampano spielen. Manche Haushalte wissen nicht, wie sie über den Winter kommen und die Stromkosten finanzieren sollen. Und auf einer Baustelle wie dieser hast du Stromkosten ohne Ende."

Schlussendlich wolle man, versichert Krapf-Günther, wieder ein schönes Stadion mit vier Tribünen haben, also auch eine an der Kainzgasse, wo Fans eine Initiative zur Wiederbelebung gestartet haben. Sie wollen einen Bereich am Rasen abstecken, der für Zuschauer genützt werden kann. Diese "Lightvariante" ist für Krapf-Günther vorstellbar. Langfristig sind jedoch modulare Stufenbauten geplant, die je nach Vorgaben und Ligazugehörigkeit anpassbar sind.

Entlang der Kainzgasse soll künftig wieder eine Tribüne entstehen.
Foto: Thomas Hirner

Projekt zweite Liga

Der Aufstieg in die zweite Liga ist ein Thema, wenn die Stadionpläne auf Schiene sind. "Eine funktionierende Infrastruktur ist wesentlich, um den nächsten Schritt zu gehen. Wir wollen kein Experiment zweite Liga starten, sondern das Projekt", sagt Krapf-Günther. Im sportlichen Bereich bemängelt der Sektionsleiter, dass man viele unnötige Punkteverluste hinnehmen musste und aktuell nicht dort sei, wo man hinwolle: unter die besten drei der Regionalliga Ost. Nach der 16 Partien umfassenden Herbstrunde liegen die Schwarz-Weißen als Fünfter 18 Punkte hinter Tabellenführer Stripfing.

Nach dem sensationellen Eliminieren der Wiener Austria im ÖFB-Cup-Achtelfinale wünscht sich Krapf-Günther, "dass wir dieses Gesicht und diese Fähigkeiten auch in der Liga konstant zeigen". Mit dem Erfolg im Cup habe man zeigen können, wozu die Mannschaft und der Verein imstande sind.

Eine Vitrine bei der Ausschank harrt einer Befüllung mit Wurstsemmeln im Frühjahr.
Foto: Thomas Hirner

Hoffnung im Cup

Daran wollen die Dornbacher auch im Frühjahr anknüpfen, wenn es am 4. Februar gegen SV Ried um den Aufstieg ins Halbfinale des Cups geht. Ob das Match am Sport-Club-Platz steigen kann, ist mangels einer Rasenheizung stark von den Witterungsverhältnissen abhängig. "Ansonsten versuchen wir mit den aktuellen Gegebenheiten ein atmosphärisches Stadion hinzubekommen und den Spielbetrieb so gut wie möglich bei uns abzuhalten. Bis wir hoffentlich bald eine neue Tribüne mit neuem Dach bekommen", sagt Krapf-Günther. (Thomas Hirner, 24.11.2022)