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Uli Hoeneß hat dem Deutschen Fußball-Bund in der Auseinandersetzung mit der Fifa fehlenden Mut vorgeworfen. "Sie haben nicht den Mut gehabt, der Fifa die Stirn zu zeigen. Das wäre dringend notwendig gewesen, denn für mich ist Gianni Infantino eine große Katastrophe für den Weltfußball", sagte der Ehrenpräsident des FC Bayern dem Sender RTL. Es sei "eine wunderbare Chance gewesen, ihm zu zeigen: Bis hierher und nicht weiter", sagte Hoeneß. Diese habe der DFB leider vertan.

Die Fifa hatte bei der WM in Katar die "One Love"-Kapitänsbinde von Nationaltorwart Manuel Neuer und sechs weiteren europäischen Mannschaftskapitänen verboten. Neuer trug stattdessen gegen Japan die von der Fifa vorgegebene "No Discrimination"-Binde, die gegen Diskriminierung jeder Art stehen soll. Der Weltverband hatte sportliche Sanktionen angedroht für den Fall, dass die mehrfarbige "One Love"-Kapitänsbinde bei den WM-Spielen doch getragen wird.

Mehr Entschlossenheit

Hoeneß hätte sich von der DFB-Spitze mehr Entschlossenheit gewünscht. "Sie hat sich zu weit aus dem Fenster gelehnt mit der Ankündigung konsequent zu sein, das Thema konsequent durchzuziehen. Und das haben sie am Ende nicht gemacht", bemängelte Hoeneß. Die DFB-Profis hatten sich beim Mannschaftsfoto vor dem 1:2 gegen Japan am Mittwoch unmittelbar vor dem Anpfiff als Reaktion auf das Verbot der "One Love"-Kapitänsbinde demonstrativ die Hand vor den Mund gehalten.

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte unterdessen am Donnerstag, sie habe am Mittwoch während des deutschen WM-Spiels mit Fifa-Chef Infantino noch einmal über die "One Love"-Armbinde, die sie im Stadion selber trug, gesprochen. "Dann hat er mich auch auf die Binde angesprochen, ob das die Binde ist, dann habe ich ihm gesagt: "Und ist nicht so schlimm, wie sie denken, oder?" Sie habe dem Fifa-Chef auch gesagt, "dass ich die Entscheidung der Fifa als großen Fehler sehe".

Aufmerksamkeit

Es sei unglaublich, was da für ein Druck auf die Fußballverbände der sieben europäischen Staaten ausgeübt worden sei, damit dieses Symbol für Vielfalt auf dem Spielfeld nicht getragen wird. Auch DFB-Vizepräsident Hans-Joachim Watzke kritisierte den Weltverband. "So wie die Fifa sich momentan abbildet, ist das eine einzige Katastrophe. Mit dem, was die Fifa jetzt gemacht hat, ist das Thema insgesamt noch mehr auf die Agenda gekommen. Ich glaube, dass sie sich damit keinen Gefallen getan hat", so Watzke.

Neben dieser Geste bekam das DFB-Team international auch für modische Details Aufmerksamkeit. So berichteten die "Los Angeles Times" und die englische Zeitung "The Guardian" auch über die Regenbogenfarben an den Aufwärmjacken der Fußballer und auf einigen Schuhen. "Sollte Fifa-Präsident Gianni Infantino gedacht haben, das Thema sei damit beendet, wurde er eines Besseren belehrt", schrieb die "Los Angeles Times" unter Verweis auf das Verbot der "One Love"-Kapitänsbinde. "Deutschlands Gesten waren nur ein Teil einer schnell eskalierenden Kampagne gegen Infantinos Dekret."

"The Guardian" lobte das "in deutlichen Worten" formulierte Statement des DFB auf Twitter und hob hervor, dass Neuer, Ikay Gündogan und die weiteren vier in Adidas-Schuhen spielenden Profis Regenbogenfarben an den Füßen trugen. Der Japaner Takefusa Kubo hatte das gleiche Schuh-Modell an. (APA, 24.11.2022)