Die Erfolge diverser Gewaltschutzmaßnahmen der vergangenen Jahre sind nicht leicht zu erkennen. Man muss schon nach ihnen suchen, denn eine signifikante Reduktion der Gewalt gegen Frauen in Österreich hat schlichtweg nicht stattgefunden. Die Zahl der Femizide hat sich seit einem Jahrzehnt auf einem hohen Level eingependelt. Derzeit sterben jeden Monat zwei bis drei Frauen durch die Hand eines Mannes, der ihnen nahesteht.

Installation am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen 2021 in Tübingen, Deutschland.
Foto: IMAGO/ULMER Pressebildagentur

Immerhin wurden die finanziellen Mittel für den Gewaltschutz und das Budget für Frauenagenden aufgestockt. Auch die vom Justizministerium geplanten Gewaltambulanzen, in denen Opfer sich kostenfrei untersuchen und vorhandene Spuren sichern lassen können, sind eine gute Idee. Und der Anstieg der verhängten Betretungsverbote ist nicht unbedingt eine schlechte Nachricht. Er zeige, dass Gewalt in der Privatsphäre zur Anzeige gebracht werde und "die Stigmatisierung" zurückgehe, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) diesen Anstieg kommentierte.

Das ist richtig. Richtig ist aber auch, dass es der Politik bisher immer noch nicht gelungen ist, Maßnahmen zu setzen, die die Gewalt gegen Frauen maßgeblich sinken lassen.

Victim-Blaming

Wenig Hoffnung macht auch, dass Gewalt noch immer verniedlicht und Betroffenen vorgeworfen wird, sie zu erfinden. So wie kürzlich eine ganze Bürgerinitiative in der oberösterreichischen Gemeinde Scharten. Bei einer Solidaritätskundgebung vor einigen Tagen fanden sich dutzende Menschen ein, und unsägliche Sprüche wie "Wer lässt sich denn dreimal vergewaltigen?" waren zu hören. Ein Plakat richtete sich an die ehemalige Mitarbeiterin des damaligen Bürgermeisters mit der Frage, ob ihr Verhalten richtig gewesen sei. Sie sei ja nicht mal zum Arzt gegangen. Solche Aussagen sind Victim-Blaming par excellence.

Sein Verhalten spielt hingegen keine Rolle, denn die Leute meinen zu wissen, dass "Jürgen kein Vergewaltiger" ist. Die Akte mit den schweren und detailliert geschilderten Vorwürfen der ehemaligen Mitarbeiterin? Egal. Ein Beweis, dass der Bürgermeister die Unwahrheit vor Gericht sagte? Ebenso. Das Urteil? Sowieso. Die Frau ist das Problem, nicht der Täter.

Diese erschütternden Vorgänge in Scharten zeugen von einem tiefsitzenden und ungeniert zur Schau gestellten Frauenhass. Und der ist es, der die massive Gewalt an Frauen noch immer nährt. (Beate Hausbichler, 25.11.2022)