Eine bemerkenswerte Wendung nahm die Asylpolitik von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner diese Woche.

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Die Führungsdebatte in der SPÖ verlief anfangs nach dem bekannten Schema, hat nun aber eine erstaunliche Wirkung entfaltet. Hans Peter Doskozil provozierte Anfang der Woche und stellte einen versteckten Anspruch auf die Spitzenkandidatur der Sozialdemokratie bei der nächsten Nationalratswahl. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner wischte das weg – was ihr leicht fällt, weil die Mehrheit der Partei eindeutig gegen die Kandidatur des burgenländischen Landeshauptmanns auftritt. So weit, so erwartbar. Jedoch: Inhaltlich hat sich Doskozil durchgesetzt.

Denn seine Position zum Asylthema wurde nun von Rendi-Wagner übernommen. Im Interview mit oe24.tv sagte sie am Mittwochabend: Es könne nicht sein, dass 60.000 Menschen aus Ländern wie Tunesien oder Indien "alle in Österreich landen".

Anträge nicht entscheidend

Der Kursschwenk der Parteichefin ist eklatant, weil sie das beste Argument gegen die unbestritten imposante Zahl der Asylanträge selbst lieferte – und zwar im ORF-Sommergespräch Ende August. Da wurde sie mit den Warnungen des ÖVP-Innenministers vor einer unbewältigbaren Zahl an Asylwerberinnen und Asylwerbern konfrontiert.

Die Volkspartei, so Rendi-Wagners Entgegnung, blase das Asylthema auf. Die Asylanträge als Maßzahl zu verwenden sei falsch, so die SPÖ-Chefin im Sommer: "Wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, dann stellt man ja eines fest: dass die Asylantragszahlen (...) ja gar nicht so entscheidend sind, das sagen auch alle Experten. Sondern entscheidend sind ja jene Menschen, die in Grundversorgung sind." Da stehe man auf dem gleichen Niveau wie vor der Fluchtbewegung im Jahr 2015. Rendi-Wagners Einschätzung damals: Es gebe aktuell keine Krise, "das ist ein innenpolitisch gemachtes Thema, die ÖVP braucht das".

In Interviews mit ATV und Puls 24 stellte sich Rendi-Wagner dann auch gegen die Position der eigenen Delegation im EU-Parlament, was die Erweiterung des Schengen-Raums betrifft. Das Reisen ohne Grenzkontrollen soll aus Sicht der Parteichefin nicht auf Kroatien, Rumänien und Bulgarien erweitert werden – die SPÖ-Abgeordneten im Parlament hatten sich dafür ausgesprochen. (Sebastian Fellner, 24.11.2022)