EDV-Probleme sollen laut Wirtschaftsbund-Obmann Karlheinz Rüdisser der Grund für eine verzögerte Zustellung der Bescheide sein.

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Bregenz – Die Finanzprüfer gehen in der Causa Wirtschaftsbund Vorarlberg von einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung ab 2016 aus. Das berichteten am Donnerstag die "Vorarlberger Nachrichten" unter Bezugnahme auf Akten, die dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss des Nationalrats vorliegen. Der damalige Wirtschaftsbund-Obmann Hans Peter Metzler habe in Sachen Steuerpflicht Bescheid gewusst, zitierten die "VN" aus dem Schriftstück.

Der Wirtschaftsbund Vorarlberg hat in der vergangenen Woche Bescheide zur Nachzahlung von Umsatz- und Körperschaftsteuer in Höhe von 770.000 Euro für die Jahre von 2016 bis 2021 erhalten. Die vorangegangene, mehr als acht Monate währende Steuerprüfung hatte sich insbesondere mit der Abführung von Steuern für Inserate befasst, die für die Wirtschaftsbund-Zeitung "Vorarlberger Wirtschaft" verkauft wurden. Zwischenzeitlich machte das Inseratenvolumen in der "Vorarlberger Wirtschaft" mehr als die Hälfte des Seitenumfangs aus.

Unschuldsvermutung für ehemaligen Wirtschaftsbund-Obmann

Für diesen Fall gebe es jedoch eine maßgebliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, befanden die Steuerprüfer im Protokoll über eine Zwischenbesprechung im Juli – nämlich "dass die Herausgabe der Zeitschrift 'Vorarlberger Wirtschaft' einen Betrieb gewerblicher Art darstellt und demzufolge Umsatz- und Körperschaftsteuerpflicht gegeben war". Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wurde im Juli 2015 veröffentlicht, Metzler soll sie bekannt gewesen sein, weil diese eine Innung der Vorarlberger Wirtschaftskammer behandelte. Metzler wurde allerdings erst im September 2016 zum Wirtschaftsbund-Obmann bestellt und im November 2016 zum Wirtschaftskammer-Präsidenten gewählt.

Der Wirtschaftsbund hat im Zusammenhang mit der Steuerprüfung Selbstanzeige erstattet und sich damit gerechtfertigt, eine neue Rechtslage "übersehen" zu haben. Die Prüfer hingegen widersprachen ("eine andere Rechtsansicht war ab einschließlich 2016 nicht mehr vertretbar") und unterstellten, dass "mit Wissen und Wollen" Abgaben hinterzogen worden seien. Neben Metzler wird in den Akten angeblich auch dem ehemaligen Wirtschaftsbund-Direktor Walter Natter Abgabenhinterziehung vorgeworfen. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Offenbar weitere Nachzahlungen

Dem U-Ausschuss lägen auch die Bescheide über eine Zuwendungsabgabe vor, berichtete die Tageszeitung. Demnach wären für den Wirtschaftsbund weitere rund 106.000 Euro nachzuzahlen. Der geschäftsführende Wirtschaftsbund-Obmann Karlheinz Rüdisser seinerseits betonte auf Anfrage der Nachrichtenagentur APA, dass noch keine Bescheide bezüglich der Zuwendungsabgabe zugestellt worden seien. Er habe heute, Donnerstag, mit dem Chef der Abgabenbehörde telefoniert. Dieser habe bestätigt, dass es aufgrund von EDV-Problemen zu einer Verzögerung der Zustellung von bis zu zwei bis drei Wochen kommen könne. Sobald die Bescheide da seien, würden sie geprüft, einen allfälligen Einspruch bezüglich der Zuwendungsabgabe halte man sich offen. Zur offenen Umsatzsteuer (rund 381.000 Euro) sagte Rüdisser, dass diese mittlerweile beglichen worden sei. Die Überweisung der ausstehenden Körperschaftssteuer (rund 388.000 Euro) werden in den nächsten Tagen vorgenommen.

Ob eine Zuwendungsabgabe zu entrichten ist, hängt davon ab, ob der Wirtschaftsbund als Teilorganisation der ÖVP oder als eigenständiger Verein gesehen wird – in dieser Fragen sind sich auch die Behörden nicht einig. Als Teilorganisation wäre die Zahlung eine interne und nicht abgabenpflichtig, als Verein hingegen würde die Zuwendungsabgabe fällig. (APA, 24.11.2022)