Ein Ausweg aus dem Arbeitskräftemangel? Der Vorschlag wird heftig diskutiert.

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Falsche Entscheidungen ziehen Probleme nach sich. Der Entschluss, Vertriebene aus der Ukraine nicht gleich in die Sozialhilfe einzugliedern, sondern wie Asylwerbende in die Grundversorgung zu verfrachten, war ein solcher Fehler: Menschen, die Zugang zum Arbeitsmarkt haben – und sich durch Jobaufnahme selbst erhalten sollen –, durch eine strenge Zuverdienstgrenze gleichzeitig am Arbeiten zu hindern war und ist absurd.

Konkret hat dieser Lapsus dazu geführt, dass grundversorgte Ukrainerinnen und Ukrainer, die monatlich mehr als 110 Euro dazuverdienen – und wer, der oder die einen Job hat, tut das nicht? –, Unterkunft und Unterstützung verlieren. Die Betroffenen, samt Kindern rund 60.000 Menschen, müssen also das Kunststück vollbringen, gleich so viel zu verdienen, dass sie sich eine eigene Wohnung samt Ausstattung leisten können und gleichzeitig genug zum Leben haben.

Arbeitskräftemangel spielt mit

Einige schaffen das, viele nicht. Angesichts des zugespitzten Arbeitskräftemangels ist das nicht nur für sie, sondern auch für Österreich bitter. Sozialhilfe für Ukraine-Vertriebene könnte das ändern, hat nun auch Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) erkannt – und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) nähert sich dem Gedanken an. Die Geflüchteten bekämen bedarfsorientierte Mindestsicherung, würden ins Arbeitsmarktservice integriert und erhielten Jobangebote.

Zu zumutbarer Arbeitsaufnahme wären sie dann verpflichtet. Hier müsste es Ausnahmen für durch den Krieg traumatisierte Personen geben.

Falscher Spargedanke

Wie aber kam es dazu, dass die Ukraine-Vertriebenen, die auf Basis einer EU-Richtlinie temporär geschützt sind und damit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, in das Versorgungssystem für Asylwerbende gesteckt wurden? In ein System, das – wie wir nun seit Wochen der Unterbringungskrise hautnah mitbekommen – von Verweigerung etlicher Bundesländer geprägt ist?

Hier war wohl ein falscher Spargedanke am Werk. Zwar ist die finanziell unzureichend ausgestattete Grundversorgung billiger als die Sozialhilfe. Doch für die Versorgung der Ukraine-Vertriebenen gibt es viel Geld aus EU-Töpfen. Dieses fließt auch nach Österreich. (Irene Brickner, 25.11.2022)