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Wien – Wochenblick.at hat mit der Veröffentlichung eines Videos, das eine Vergewaltigung auf offener Straße zeigt, schwerwiegend gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse verstoßen. Der Senat 2 des Presserats stellte in einer Aussendung fest, dass die Menschenwürde und Intimsphäre der vergewaltigten Frau "grob missachtet" worden sei. Die vermittelte Grausamkeit sei "verstörend und erschütternd".

Das Video wurde im Rahmen des Beitrags "Bestialisch: Afrikaner vergewaltigt Ukrainerin (55) in Italien auf offener Straße" im August dieses Jahres auf der Onlineseite der Wochenzeitung "Wochenblick" veröffentlicht. Zu sehen ist die Aufnahme einer Überwachungskamera, die die Vergewaltigung zeigt. Auch die Schreie der Frau sind zu hören.

Der Senat 2, der in diesem Fall auf Eigeninitiative tätig wurde, weist darauf hin, dass das Thema "Gewalt gegenüber Frauen" einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Bewusstseinsbildung leisten könne. Allerdings dürfe das Leid der Betroffenen und ihrer Angehörigen durch Berichterstattung nicht vergrößert werden. "Es liegt auf der Hand, dass die Veröffentlichung eines Vergewaltigungsvideos die Menschenwürde und die Intimsphäre des Opfers grob missachtet", hieß es in der Aussendung. Auch ist Veröffentlichung dazu geeignet, das Leid der nahen Angehörigen "massiv zu vergrößern".

Kein legitimes Informationsinteresse

Unerheblich sei, dass die involvierten Personen aufgrund der Bildqualität nicht deutlich zu erkennen sind und das Opfer über weite Strecken verpixelt wurde. Auch spiele es keine Rolle, ob das Video bereits in anderen Medien – etwa auf Social Media – kursierte. "Eine Redaktion muss eigenständig darüber entscheiden, ob Bildmaterial persönlichkeitsverletzend ist, zumal Medien gerade bei Bildmaterial von brutaler Gewalt zurückhaltend sein und damit verantwortungsvoll umgehen sollten".

Der Senat 2 des Presserats stellte kein legitimes Informationsinteresse an der Veröffentlichung des Videos fest. Es sei wohl deshalb verwendet worden, um den Beitrag zu stärkerer Verbreitung zu verhelfen. "Wochenblick" verstieß gegen die Punkte 5 (Persönlichkeitsschutz) und 6 (Intimsphäre) des Ehrenkodex für die österreichische Presse. Die Medieninhaberin wird aufgefordert, das Video aus dem Beitrag zu entfernen. Am Verfahren nahm niemand vonseiten des Mediums teil. Auch erkennt die Wochenzeitung die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht an.

"Wochenblick" kündigt übrigens an, die Printausgabe mit Jahresende einzustellen. Als Grund nennt die Wochenzeitung die steigenden Energie- und Rohstoffpreise. (APA, red, 25.11.2022)