Foto: Obsidian Entertainment

Die meisten großen Herbstgames des Jahres sind in den letzten Wochen erschienen. Egal ob Sie damit schon wieder durch sind oder aber erst aufs Christkind warten: Die stillste Zeit im Jahr bietet genügend Gelegenheit, auch bei den etwas kleineren Titeln nach Perlen zu tauchen. Die folgenden acht Titel sind perfekt fürs gemütliche Home-Entertainment alleine oder zu zweit.

Obsidian Entertainment

"Pentiment"

(Windows, Xbox, 19,99 Euro, inkludiert im Gamepass)

Dass die Rollenspiel-Veteranen Obsidian Entertainment dieses Spiel machen durften, ist nur dem Gamepass zu verdanken. Das sagt zumindest dessen Chefentwickler Josh Sawyer. Ohne die Sicherheit von Microsofts Games-Abo wäre dieser historische Krimi im schicken spätmittelalterlichen Stil wohl ein zu großes Wagnis gewesen. Gut, dass es geklappt hat, denn "Pentiment" ist trotz Nischenappeal eines der besten Spiele des ganzen Jahres und darf sich selbstbewusst neben Kultspielen wie "Disco Elysium" als Meilenstein narrativer Games einreihen.

Als Künstlergeselle Andreas Maler sind wir Anfang des 16. Jahrhunderts in einem bayerischen Dorf und dessen Abtei mehreren Morden auf der Spur. Das Detektivabenteuer ist historisch bewundernswert akkurat, vielschichtig, emotional und komplex; ein Game wie ein sehr guter historischer Roman zum Selberspielen. Tolle deutsche Übersetzung!

GameSpot Trailers


"Bendy and the Dark Revival

(Windows, 24,99 Euro, Konsolen in Vorbereitung)

Wer die längste Zeit sehnsüchtig der großen Zeit erzählender Einzelspieler-Shooter wie Bioshock nachtrauerte, sollte einen Blick auf "Bendy and the Dark Revival" werfen. Gekämpft wird hier zwar nur wenig, doch in Sachen Inszenierung und Atmosphäre ist der Vergleich gerechtfertigt. Das zugleich niedliche und gruselige First-Person-Abenteuer versetzt uns in eine morbide Cartoon-Welt wie aus den Albträumen Walt Disneys. Der Nachfolger des 2017er-Geheimtipps "Bendy and the Ink Machine" bietet Puzzles und Survival-Action umrahmt von einer sympathisch klassisch erzählten Geschichte.

Aber Achtung: Auch wenn das hier kein blutiger Splatter-Horrortitel ist, sind die monströsen Zeichentrickfiguren, die hier Jagd auf uns machen, definitiv nichts für ein jüngeres Publikum. Alle anderen dürfen sich auf etwa acht sehr unterhaltsame Stunden mit den Zeichentrickdämonen freuen.

Eremite Games

"Against the Storm"

(Windows, Early Access 19,99 Euro)

Aufbaustrategie plus Rogue-like – dass das wunderbar zusammenpasst, beweist das vor kurzem im Early Access erschienene "Against the Storm". Und das geht so: Der Ausbau der jeweiligen Fantasy-Siedlung im finsteren Zauberwald erfolgt in einzelnen, meist nicht mehr als ein bis zwei Stunden dauernden Missionen, in denen der Zufallsgenerator über zur Verfügung stehende Ausbaumöglichkeiten und Ressourcen entscheidet. Die Kampagnen-Weltkarte wiederum erlaubt – wie bei FTL, Slay the Spire & Co – die Wahl des jeweils nächsten Schauplatzes, Metaprogression gibt’s durch Ausbau der Hauptstadt.

"Against the Storm" ist eine kleine Early-Access-Sensation, und das ist kein Wunder: Das Spiel, das übrigens ganz ohne Kämpfe auskommt, ist so gut wie bugfrei und bietet vorbildliche Tutorial- und Hilfefunktionen, die den Einstieg nicht nur erleichtern, sondern sogar bereits unterhaltsam machen. Der Wiederspielwert ist hoch, zugleich erlaubt das knackige Format auch kürzere Partien mit immer wechselnden Herausforderungen und Anforderungen an die Strategie. Schon jetzt bedenkenlos zu empfehlen.

GameTrailers

"From Space"

(Windows, Nintendo Switch, 14,99 Euro)

Abends gemeinsam mit Freunden und Freundinnen ein bisschen gemeinsam Spaß haben – da braucht es nicht immer die neuesten, megakomplexen Games-Ideen. "From Space" ist ein sympathisch geradliniger Online-Koop-Twin-Stick-Shooter im zuckerlsüßen Neon-Cartoon-Look. Böse pinke Aliens greifen an, da müssen wir mit bis zu drei weiteren Mitspielern mit Waffengewalt dagegenhalten.

"From Space" macht kaum etwas Neues, aber das stört nicht besonders. Gemeinsam Missionen erledigen, neue Waffen freischalten, mit verschiedenen Soldatenklassen als Team den zunehmend schwerer werdenden Herausforderungen begegnen: Wenn Deep Rock Galactic für den Abend zu mühsam ist, passt "From Space" gut in die Online-Games-Rotation.

rose-engine

"Signalis"

(Windows, Nintendo Switch, PS4, Xbox, 19,99 Euro; inkludiert im Gamepass)

Klassischer Survival-Horror, aber beeindruckend frisch präsentiert: Das Science-Fiction-Horrorspiel "Signalis" stammt von einem zweiköpfigen deutschen Indiestudio und hat in Sachen Inszenierung trotz bescheidener Mittel echt was drauf. Der schicke Low-Poly-Look wird von Anime-Style und immer wieder effektvoll eingesetzten First-Person-Szenen und Cutscenes akzentuiert; die mysteriöse Story setzt auf eine Mischung aus kosmischem Horror und SF-Mystery-Thriller.

Die Atmosphäre des Spiels zitiert dabei weniger Dead Space als vielmehr "Silent Hill 2": Wie im Survival-Horror-Klassiker spielen die Suche nach einer Frau und eine gründlich verunsicherte Realität eine große Rolle. Auf einzelne Genretraditionen wie das minimalistisch kleine Inventory hätte man gerne verzichten können, bei den Puzzles gibt es dafür hin und wieder interessante Variationen zum ollen Bring-A-nach-B. Ein gelungenes Minimeisterwerk des Unbehagens.

Modern Wolf

"Zero Sievert"

(Windows, Early Access, 17,99 Euro)

Achtung, "Zero Sievert" sieht aus wie ein zugegeben schickes C64er-Pixelgame aus den Tiefen der Retrostammtische, die niedlich kleinen Minisoldaten kämpfen aber in einer knallharten Postapokalypse um Beute und ums Überleben. Das Setting ist mit Handkuss vom großen "STALKER" entlehnt, der zentrale Gameplay-Loop des Single-Player-Spiels leiht sich Beutejagd und Gnadenlosigkeit von "Escape from Tarkov". Alles zusammen ergibt ein Hardcore-Pixel-Phänomen, das auf Steam bereits im Early Access von Fans gefeiert wird – zu Recht.

Dass "Zero Sievert" trotz minimalistischer Oberfläche erstaunlich atmosphärisch ist und dichte Survival-Spannung aufkommt, hat mit Kleinigkeiten zu tun: Wetter- und Atmosphäreneffekte sorgen ebenso für Immersion wie das gelungene Sounddesign. Achtung: Häufige, auch frustrierende Bildschirmtode sind vor allem zu Beginn unvermeidlich. Wer dranbleibt, findet hier ein überaus faszinierendes Spiel mit Langzeitmotivation.

Team17

"Ship of Fools"

(Windows, PS4, Xbox, Nintendo Switch 14,99 Euro)

Nochmal unkomplizierter Multiplayerspaß, diesmal aber für die Couch: In "Ship of Fools" dürfen wir zu zweit mit kuriosen Matrosen im klapprigen Schiff auf wilde Ozeane aufbrechen. Dort lauern Seemonster, die sich am besten durch koordinierte Abwehr mit Kanonen und Harpunen besiegen lassen. Die Fahrt erfolgt im zufallsgenerierten Meer von Feld zu Feld, beim Kentern geht’s zurück an den Anfangsstrand. Erraten: "Ship of Fools" ist ein Rogue-lite, das vom langsamen Fortschritt nach jedem Scheitern lebt.

Wer mag, kann auch allein starten, ausgelegt ist das Spiel aber auf zwei SpielerInnen, die sich bei der Verteidigung sowohl von Steuer- als auch Backbord tatkräftig unterstützen. Dank nettem Cartoonstil, anfangs moderater Schwierigkeit und motivierender Auswahl an Zufalls-Schätzen ist "Ship of Fools" auch für jüngeres Publikum ein netter Koop-Spaß.

Thunderful Games

"Lego Bricktales"

(Windows, PS4, Xbox, Nintendo Switch, 29,99 Euro)

Eigentlich schräg: Da gibt es buchstäblich Dutzende Lego-Games – so richtig etwas selbst bauen durfte man aber von "Lego Star Wars" über "Lego Harry Potter" bis hin zu "Lego Hobbit" eigentlich kaum jemals. Jetzt sorgt ausgerechnet ein Tiroler Entwicklerstudio für Abhilfe: Clockstone ist für seine "Bridge Constructor"-Reihe bekannt und darf sich mit "Lego Bricktales" an der milliardenschweren Spielzeug-Franchise versuchen.

Im interessanten Mix aus Bau- und Abenteuerspiel erkunden wir Lego-Dioramen, in denen wir – endlich! – recht frei aus vorhandenen Legosteinen fehlende Elemente wie etwa Brücken oder Gefährte selbst kreativ zusammenstecken dürfen. Auch wenn das Bildschirm-Lego den Charme des echten Kramens in der Steinchenkiste nicht so schnell ersetzen wird: Näher dran war noch kein Spiel zuvor. (Rainer Sigl, 26.11.2022)