Herkömmliche Influenza-Impfstoffe bieten Schutz, aber nur gegen bestimmte Varianten.
Foto: IMAGO/Laci Perenyi

Die Grippesaison steht vor der Tür. Schon vor Wochen warnten Fachleute vor einer potenziell hohen Welle, nachdem bedingt durch die Corona-Schutzmaßnahmen zwei Jahre lang kaum Fälle aufgetreten waren. In Wien wurde die Zahl der Neuerkrankungen in der Vorwoche auf über 16.000 hochgerechnet. Ähnlich hoch war die Zahl der Fälle am Beginn der Saison zuletzt 2016/17, damals soll eine stark ausgeprägte Grippewelle laut Daten des Gesundheitsministeriums etwa 4.000 Todesfälle verursacht haben.

20 Influenza-Varianten

Wie heftig die Grippesaison ausfallen wird, hängt einmal mehr von Subtyp und Stamm des Influenzavirus ab, der sich in diesem Jahr durchsetzen wird. Grob wird das Virus in die Typen A, B und C eingeteilt, wobei C für das Grippegeschehen vernachlässigbar ist. Vom Typ A, der auch bei Vögeln und anderen Tieren zirkuliert, sind 18 Subtypen bekannt. Dazu kommen zwei B-Linien, die genetisch unterschiedlich sind.

Die starke Mutationsfähigkeit des Influenzavirus und die verschiedenen Subtypen und Stämme sind die große Herausforderung für eine Schutzimpfung. Denn sie wirkt nur dann gut, wenn das alljährlich vor der Grippesaison festgelegte Vakzin auch gegen die in diesem Jahr dominanten Stämme schützt. Dieselbe Problematik ist nur zu gut aus der Corona-Pandemie bekannt, als die gegen das Ursprungsvirus wirksamen Impfstoffe bei den später auftretenden Omikron-Varianten zwar vor schweren Verläufen schützten, aber eine Infektion kaum verhindern konnten.

Universaler Grippeimpfstoff

Aus diesem Grund wird schon länger an einem Universalimpfstoff gegen Influenza geforscht, auch der bekannte österreichische Virenforscher Florian Krammer beschäftigt sich mit seinem Team an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York damit. Einen Erfolg diesbezüglich vermeldet aktuell auch die University of Pennsylvania. Sie testet gerade einen experimentellen Wirkstoff auf mRNA-Basis, der gegen die bekannten Influenza-Subtypen schützen soll. Mittels sogenannter Immunogene soll eine breite Immunantwort im Körper ausgelöst werden, egal welcher Subtyp oder Stamm dominiert.

Ziel der Forschung, die im Magazin "Science" präsentiert wurde, ist ein Impfstoff, der eine Grundimmunität gegen alle bekannten Grippevarianten bietet. Das komplette Verhindern von Infektionen ist nicht das Ziel. Allerdings soll das Vakzin auch vor Subtypen und Stämmen schützen, die bisher nur bei Tieren nachgewiesen wurden.

Der geplante Impfstoff soll schwere Verläufe verhindern, unabhängig davon, welcher Virenstamm gerade zirkuliert.
Foto: APA/dpa-Zentralbild/Jens Büttner

Springen diese auf den Menschen über, wäre das Immunsystem dennoch vorbereitet und könnte schnell Antikörper produzieren. Mögliche Pandemien mit schweren Verläufen, Komplikationen und hohen Todeszahlen, wie sie 1918 und 1919 bei der Spanischen Grippe auftraten, sollten so verhindert werden können – so die Theorie.

Laborversuche erfolgreich

Im Labor konnte der Impfstoff bereits erfolgreich an Mäusen und Wieseln getestet werden. Die Mäuse entwickelten Antikörper gegen alle 20 bekannte Influenza-Stämme, die bis zu vier Monate nach der Impfung stabil nachweisbar waren. In weiteren Tests wurden die Tiere auch Influenza-Subtypen ausgesetzt, die in der Proteinzusammensetzung von der im Vakzin verwendeten stark abwichen. Während 80 Prozent der geimpften Mäuse überlebten, starben die Mäuse ohne entsprechendes Vakzin allesamt innerhalb einer Woche.

Als vielversprechend stuften die Forschenden auch den Umstand ein, dass das Vakzin offenbar unabhängig davon wirkte, ob die Mäuse bereits zuvor mit einem Influenzavirus in Kontakt gekommen waren. Bei bestehenden Grippeimpfstoffen kann es den Forschenden zufolge nämlich vorkommen, dass die Immunantwort und somit die Schutzfunktion gering ausfällt, wenn man bereits mit Influenzaviren in Kontakt gekommen ist oder eine Infektion durchgemacht hat.

In einem nächsten Schritt plant das Forschungsteam nun, klinische Studien durchzuführen und so zu überprüfen, ob die langfristige Antikörperbildung auch beim Menschen so funktioniert. Auch hinsichtlich Dosierung und Nebenwirkungen muss zunächst abgeklärt werden, ob der Plan des Universalimpfstoffes gegen die Grippe aufgeht. "Wir denken, dass diese Impfung die Wahrscheinlichkeit einer schweren Grippeerkrankung signifikant reduzieren kann", ist Studienautor Scott Hensley von der University of Pennsylvania optimistisch. (Martin Stepanek, 25.11.2022)