Auch in der Hauptstadt Taipeh wird das Bürgermeisteramt neu besetzt. Im Bild der KMT-Kandidat Chiang Wan-an, Urenkel des Diktators Chiang Kai-shek.

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Wie sich die mehr als 19 Millionen Wahlberechtigten Taiwans am Samstag in den Regionalwahlen entscheiden, gilt als Stimmungstest für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Jahr 2024. Kann die Regierungspartei DPP (Demokratische Fortschrittspartei) auch in den taiwanesischen "Midterms" ihre Macht behaupten, oder entscheiden sich die Wählerinnen und Wähler mit der größten Oppositionspartei Kuomintang (KMT) auch für eine Partei, die China näher steht?

Es sind die ersten Wahlen, seitdem die politische Führung in Peking offen mit den Muskeln spielt und ihre Besitzansprüche auf Taiwan laut kommuniziert bzw. über einen militärischen Angriff nachdenkt. Die Krise spitzte sich so weit zu, dass sich US-Präsident Joe Biden dazu verpflichtet fühlte, den Taiwanern die Unterstützung der Vereinigten Staaten zuzusichern.

Die China-Frage

Normalweise drehen sich die Regionalwahlen in Taiwan – die alle vier Jahre abgehalten werden – um nationale Themen, doch heuer forderte Präsidentin Tsai Ing-wen die Bevölkerung dazu auf, sich klar gegen Peking zu positionieren. Natürlich mit einem Kreuzerl bei den Kandidatinnen und Kandidaten ihrer Partei.

Zwar gilt die KMT traditionell als jene Partei, die sich für ein besseres Verhältnis mit Peking einsetzt, doch wehrt man sich dagegen, dass man pro China sei. Im Wahlkampf ließen die KMT-Kandidatinnen und -Kandidaten das Thema eher aus. Was auch keine schlechte Strategie sei, wie Fachleute urteilen. Denn die Öffentlichkeit wäre eher verstört, dass es bei den Wahlen von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern oder Abgeordneten in Stadträten laut Tsai um das Überleben von Taiwan gehe.

KMT-Kandidaten als Favoriten

"Es gibt wenig direkten Zusammenhang zwischen den Beziehungen (zwischen Taiwan und China) und Taiwans lokalen Wahlen", sagte Shen Yu-Chung, Professor für Politikwissenschaft an der taiwanesischen Tunghai-Universität zum "Guardian". Dementsprechend würde ein Erfolg der KMT-Partei nicht notwendigerweise einen Peking-freundlicheren Kurs zur Folge haben.

Umfragen legen nahe, dass mehr KMT-Mitglieder als DPP-Kandidaten ihre Wahl gewinnen können. (bbl, 26.11.2022)