Junge Menschen brauchen mehr Wasser als alte. Männer erreichen ihren höchsten Wasserbedarf mit etwa 20 Jahren.
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Dehydration ist gefährlich, doch bis das Problem akut wird, können Menschen einige Prozent ihres Körpergewichts an Flüssigkeit verlieren. Lange Zeit galt der Hinweis, nicht erst bei Durst zu trinken – dann sei es bereits zu spät. Empfehlungen reichen von 1,5 bis 3 Liter pro Tag, die ein Mensch zu sich nehmen sollte, um gesund zu bleiben. Doch schon seit längerer Zeit gibt es Kritik an dieser Regel.

Wie viel Menschen wirklich trinken sollen, hat nun ein Team von 90 Forschenden um Yosuke Yamada vom japanischen Nationalen Forschungsinstitut für Gesundheit und Ernährung untersucht. Dazu führte man Tests an 5.600 Personen aus 26 Ländern im Alter von acht Tagen bis 96 Jahren durch und publizierte die Ergebnisse im Fachjournal "Science".

Schweres Wasser

Das Wasser war mit Isotopen von Wasserstoff versetzt – genau jenem Schweren Wasser, das zum Teil auch in Atomreaktoren zum Einsatz kam. Weil der Gehalt an Deuterium im Körper normalerweise sehr gering ist, konnte anhand des in den Folgetagen ausgeschiedenen "schwereren" Wassers genau festgestellt werden, wie viel Wasser der Körper im Lauf der Zeit ersetzt.

"Wenn man die Geschwindigkeit misst, mit der eine Person diese stabilen Isotope im Laufe einer Woche über den Urin ausscheidet, kann man anhand des Wasserstoffisotops feststellen, wie viel Wasser sie ersetzt, und anhand der Ausscheidung des Sauerstoffisotops lässt sich feststellen, wie viele Kalorien sie verbrennt", erklärt Dale Schoeller, einer der Studienautoren. Diese Daten verglichen die Forschenden mit verschiedenen anderen Faktoren, etwa Alter, Geschlecht, Grad der Aktivität, aber auch mit Umweltfaktoren.

Individueller Wasserbedarf

Die Ergebnisse sind individuell äußerst unterschiedlich. Manche Personen benötigten nur einen Liter pro Tag, während andere sechs Liter benötigten. "Es gibt Ausreißer, die sogar zehn Liter pro Tag benötigen", berichtet Schoeller. Das Team ermittelte daraufhin eine Formel, in die alle relevanten Faktoren einfließen.

Das wichtigste Ergebnis: Eine einfache Faustregel, die für alle Menschen gilt, ist nicht möglich. Einige Ergebnisse lassen sich aber herausgreifen. So ist etwa der Wasserbedarf von Männern bei sonst ähnlichen Daten um etwa einen halben Liter höher als bei Frauen. Männer haben zwischen 20 und 30 den höchsten Wasserbedarf, berichtet das Team, dann sinkt der Bedarf. Bei Frauen bleibe der Bedarf zwischen 20 und 55 eher stabil. Am größten sei der Bedarf bei Neugeborenen, die täglich etwa 28 Prozent des Wassers in ihrem Körper ersetzen. Besonderen Einfluss hat der Körperfettanteil. Fettgewebe enthalte weniger Wasser als anderes Gewebe. Generell würden sportliche Menschen mehr Wasser umsetzen als unsportliche, und zwar um etwa einen Liter mehr.

Ein unterirdischer Wasserspeicher. Durch den Klimawandel wird es in vielen Gegenden öfter zu Trinkwassermangel kommen.
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Wasserumsatz als Biomarker

In industrialisierten Ländern ist der Wasserbedarf übrigens niedriger, was auf vermehrten Aufenthalt in klimatisierten Räumen zurückgeführt wird.

"Angesichts des Bevölkerungswachstums und des zunehmenden Klimawandels wird es immer wichtiger zu bestimmen, wie viel Wasser die Menschen verbrauchen", sagt Yamada. "Da der Wasserumsatz mit anderen wichtigen Gesundheitsindikatoren wie körperlicher Aktivität und Körperfettanteil zusammenhängt, kann er als Biomarker für die Stoffwechselgesundheit dienen."

Eine für alle Menschen gültige Empfehlung für die Menge, die ein Mensch trinken soll, sei jedenfalls nicht sinnvoll. Fachleute raten gesunden Personen zu trinken, wenn sie Durst verspüren. (rk, 27.11.2022)