Nach dem Schock geht's für Messi und Kollegen um die Wurst.

Foto: REUTERS/Hannah Mckay

Doha/Al Rayyan – Nicht einmal 24 Stunden nach der argentinischen Trauer am zweiten Todestag von Diego Maradona droht den stolzen Südamerikanern der kollektive WM-Leidensgipfel. Eine Niederlage am Samstag (20.00 Uhr/live ORF 1) gegen Mexiko, und Argentinien wäre bei der Fußball-WM nach nur zwei Spielen gescheitert – so früh wie noch nie in der Ära Lionel Messi, die damit auch noch ihr unrühmlichstes Weltmeisterschaftsende nehmen würde.

"Tot" hätten sie sich in der Kabine nach dem blamabel-bitteren 1:2 gegen den Außenseiter Saudi-Arabien gefühlt, berichtete Messi. Für die Unsterblichkeit in den Herzen seiner Landsleute wie bei Maradona wird das 167. Länderspiel des großen Stars zu einem der wichtigsten: "Es ist Zeit zu zeigen, wie stark wir wirklich sind", forderte er – sich eingeschlossen.

Es soll ein Sieg für Messi, für Argentinien und auch für Maradona werden. "Wir hoffen, dass wir ihm eine Freude bereiten können, wenn er uns vom Himmel zuschaut", sagte Trainer Lionel Scaloni am Freitag, dem zweiten Todestag Maradonas. "Wenn wir die Bilder sehen, ist es unbegreiflich, dass er nicht mehr da ist, es ist traurig für uns Argentinier."

Emotionaler Schwur

In der Nacht auf Freitag veröffentlichte der Verband ein Lied, ein emotionaler Schwur von ganz Fußball-Argentinien: "Wohin du auch gehst, ich folge dir überall", heißt es darin. Wie Maradona den WM-Pokal 1986 küsst, darf im Video natürlich nicht fehlen. Unterdessen spekulierten argentinische Medien, dass Teamchef Lionel Scaloni die halbe Mannschaft tauschen könnte. Die Tageszeitung "La Nacion" rief bereits die "Operation Scaloni" aus.

Trainer Scaloni führte Argentinien vor eineinhalb Jahren zum Gewinn der Copa America und damit zum größten Triumph seit fast drei Jahrzehnten. Dabei hatte der vorherige Co-Trainer die Mannschaft im August 2018 zunächst nur interimsmäßig als günstige Notlösung übernommen. Nun will der Trainernovize den Weltmeister von 1978 und 1986 für 18. Dezember eigentlich auch ins WM-Finale bringen.

Dass bei Mexiko mit Gerardo Martino ein ehemaliger Nationaltrainer der Argentinier als Coach arbeitet – einer aus Rosario wie Messi, einer, unter dem Messi schon beim FC Barcelona spielte, und einer, unter dem Messi einmal seinen Rücktritt aus der "Albiceleste" erklärte -, befeuert die Brisanz der Partie zwei Jahre und einen Tag nach dem Tod von Maradona.

2010 hatte aber auch Maradona als Trainer den Spieler Messi in Südafrika nicht zum weltmeisterlichen Ruhm führen können. Wie 2006 schied Argentinien im Viertelfinale gegen Deutschland aus. 2014 folgte dann unter Alejandro Sabella die Niederlage im Finale und Martino übernahm.

"Wir spielen gegen einen der großen WM-Titelkandidaten. Das ist die Situation. Sie waren 36 Spiele ungeschlagen", erinnerte dieser Martino nun an die Serie bis zur Auftaktniederlage seiner Landsmänner gegen die Saudis. Zwei Jahre hatte der mittlerweile 60-Jährige die Auswahl seiner Heimat trainiert, den Posten nach dem verlorenen Finale der Copa América 2016 samt Fehlschuss von Messi im Elfmeterschießen wieder abgegeben. Messi erklärte nach der Niederlage sein Ende in der Nationalmannschaft. Eine besondere Bindung hatten die beiden nie aufbauen können. Dass beide aus Rosario stammen, half auch nicht.

Messi kam nach dem Rücktritt 2016 nach drei verlorenen Endspielen zurück in die Nationalmannschaft Argentiniens, Martino übernahm Anfang 2019 die mexikanische Auswahl und startete mit einem 0:0 gegen Polen in die Katar-WM.

Saudi-Arabien träumt vom Achtelfinale

Saudi-Arabien holt indes zum nächsten Schlag aus. Nach dem sensationellen 2:1 gegen Argentinien wartet am Samstag (14.00 Uhr/live Servus TV) in Gruppe C Polen als nächster Gegner. Bei einem Sieg über Robert Lewandowski und Co. wären die Asiaten vorzeitig im Achtelfinale. Polen hält nach dem Auftakt-Remis gegen Mexiko bei einem Punkt.

Beim 0:0 gegen die Amerikaner verschoss Lewandowski einen Elfmeter, er bleibt aber Polens erster Strafstoßschütze. "Robert ist weiterhin die Nummer eins. Er trifft die Entscheidung, ob er schießt oder es jemand anderem überlässt", sagte Teamchef Czeslaw Michniewicz. Der Coach gab sich trotz Vorwürfen polnischer Fans und Medien, er lasse zu defensiv spielen, betont optimistisch. "Wir fühlen uns gut nach dem Spiel gegen Mexiko. Wir wissen, was wir besser tun können und müssen, aber auch, was wir gut gemacht haben. Wir sind total ruhig", meinte Michniewicz.

Völlig aufgekratzt ist hingegen die Stimmung in Saudi-Arabien nach dem Coup gegen Argentinien. Die Tageszeitungen überschlugen sich mit Jubelmeldungen, das enthusiasmierte Volk durfte am Mittwoch einen von König Salman kurzfristig angeordneten Feiertag begehen.

Inmitten der Euphorie hat man sich schon die nächsten hohen Ziele gesteckt: Laut Saudi-Arabiens Sportminister Prinz Abdulaziz bin Turki Al-Faisal besteht die Möglichkeit, dass saudische Investoren die möglicherweise zum Verkauf stehenden englischen Spitzenclubs Manchester United und Liverpool übernehmen könnten. "Wenn jemand aus dem privaten Sektor kommt, werden wir das definitiv unterstützen, denn wir wissen, dass sich das positiv auf den Sport im Königreich auswirken wird. Es ist die am meisten verfolgte Liga in Saudi-Arabien, es gibt hier viele Premier-League-Fans", sagte Al-Faisal in Interviews der Sender "BBC" und "Sky News". (APA, dpa, 25.11.2022)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen zur Fußball-WM in Katar am Samstag:

Gruppe C – 2. Runde:

Polen – Saudi-Arabien (Doha, Education City Stadium, 14.00 Uhr/live ServusTV, SR Sampaio/BRA)

Polen: 1 Sczcesny – 2 Cash, 15 Glik, 14 Kiwior, 18 Bereszynski – 13 Kaminski, 10 Krychowiak, 21 Zalewski – 20 Zielinski, 19 S. Szymanski – 9 Lewandowski

Ersatz: 12 Skorupski, 22 Grabara – 3 Jedrzejczyk, 4 Wieteska, 5 Bednarek, 6 Bielik, 25 Gumny, 8 D. Szymanski, 11 Grosicki, 17 Zurkowski, 24 Frankowski, 26 Skóras, 16 Swiderski, 23 Piatek, 7 Milik

Saudi-Arabien: 21 Alowais – 5 Albulayhi, 12 Abdulhamid, 17 Altambakti, 6 Alburayk – 23 Kanno, 8 Almalki, 18 Alabid – 9 Albrikan, 10 S. Aldawsari, 11 Alshehri

Ersatz: 1 Alyami, 22 Alaqidi, 2 Alghannam, 3 Madu, 4 Alamri, 14 Otayf, 15 Alhassan, 16 Alnaji, 24 N. Aldawsari, 26 Sharahili, 19 Bahbri, 20 Alobud, 25 Asiri

Es fehlen: 13 Alshahrani (Kieferbruch), 7 Alfaraj

Argentinien – Mexiko (Lusail, Lusail-Stadium, 20.00 Uhr/live ORF 1, SR Orsato/ITA)

Argentinien: 23 E. Martinez – 3 Tagliafico, 13 Romero, 19 Otamendi, 26 Molina – 5 Paredes, 7 De Paul – 11 Di Maria, 10 Messi, 17 Gomez – 22 Lautaro Martinez

Ersatz: 1 Armani, 12 Rulli, 2 Foyth, 4 Montiel, 6 Pezzella, 25 Lisandro Martínez, 8 Acuna, 14 Palacios, 18 Rodriguez, 24 Fernández, 15 Correa, 16 Almada, 9 Alvarez, 20 Mac Allister, 21 Dybala

Mexiko: 13 Ochoa – 19 Sanchez, 15 Moreno, 3 Montes, 23 Gallardo – 4 E. Alvarez, 16 Herrera, 24 Chavez – 22 Lozano, 20 Martin, 10 Vega

Ersatz: 1 Talavera, 12 Cota, 2 Araujo, 5 Vasquez, 6 Arteaga, 26 K. Alvarez, 7 Romo, 8 Rodriguez, 14 Gutiérrez, 18 Guardado, 11 Funes Mori, 17 Pineda, 25 Alvarado, 21 Antuna, 9 Jimenez