Probleme mit dem Ensemble: Teodor Currentzis.

Alexandra Muravyeva

Just am Donnerstag, als die Russin Marina Davydova als neue Schauspielchefin der Salzburger Festspiele bekanntgegeben wurde, gab es rund um Salzburg-Star Teodor Currentzis wieder Aufregung. Nicht um den Dirigenten direkt, der mit seinem Ensemble MusicAeterna existenziell problematisch an Russland gebunden ist. Er selbst schweigt weiter zum Krieg Putins gegen die Ukraine.

Einige seiner Musiker, so recherchierten Crescendo und ein Blog der Neuen Musikzeitschrift, waren aber weniger schweigsam. Vor dem Gastspiel im Konzerthaus Dortmund kam es so zur Suspendierung zweier Aeterna-Musiker. "Wer sich pro Krieg oder pro Kreml äußert, kann bei uns keine Bühne bekommen", erklärte Intendant Raphael von Hoensbroech.

Angeblich brennt Heimat

Konkret geht es um prorussische Äußerungen und Pseudowitziges in sozialen Medien. Tenor Alexander Gajnutdinow hatte auf dem Netzwerk VKontakte ein eindeutiges Lied veröffentlicht, in dem es heißt: "Wieder brennt die Heimat ... Der Faschismus stürzt wieder auf uns zu. Wie kann man da unbeteiligt bleiben? Es ist Zeit, die Heimat zu retten." Ein anderes Mitglied postete ein Video, in dem er die Heizung voll aufdrehte. Warum? Um die deutsche Wirtschaft zu zerstören. Später entschuldigte er sich dafür.

Currentzis und das Ensemble-Management bleiben bis dato stumm. Es zeigt sich aber: Das schon bisher durch ein ziemliches Dilemma belastete Image des Ensembles wird weiter ramponiert – MusicAeterna wird von der sanktionierten Kreml-nahen VTB-Bank finanziert. Dass der Aeterna-Stiftung Elwira Nabiullina, die russische Zentralbankchefin, vorsteht, spricht auch nicht unbedingt für große Kreml-Ferne. Und jetzt die Offenbarungen mancher Musiker. Bisher profitierte das Ensemble von einer roten Linie, welche Veranstalter zogen: Wer keine rechtfertigenden oder verteidigenden Aussagen zu Angriffskrieg, Regime oder Putin geäußert hat, darf auftreten.

Hinterhäusers Position

Selbst wenn es die neuen Social-Media-Reflexe nicht gegeben hätte: Je länger der Krieg dauert, desto unhaltbarer wird Currentzis’ Schweigen und der Versuch, in Russland und im Westen verankert zu bleiben. Festspielintendant Markus Hinterhäuser versucht eine Differenzierung: "Diese unsäglichen, auch unsäglich dummen Äußerungen stammen ja nicht von Currentzis. Von ihm sind mir derlei Äußerungen nicht bekannt. Insofern hat sich an meiner Position zu ihm auch nicht wirklich etwas geändert. Ihn in Geiselhaft für vollkommen indiskutable Postings zu nehmen erscheint mir dann doch etwas zu einfach und durchschaubar."

Currentzis "schätze ich übrigens", sagt auch Davydova zu dem Dirigenten, der auch 2023 nach Salzburg kommen soll – allerdings nicht mit MusicAeterna, sondern mit seinem Westorchester Utopia. Es müsste aber wohl ein Friedenswunder geschehen, damit es rund um Currentzis nicht weitere Absagen und ungemütliche Diskussionen gibt. (Ljubiša Tošic, 25.11.2022)